EU-Krebspolitik zu COVID-19-Zeiten

Fällt Krebs wegen Corona hinten runter?

Die European Cancer Patient Coalition warnt vor drastischen Rückschlägen im Kampf gegen Krebs, sollten die vom EU-Rat angestrebten Einschnitte beim Leitprogramm Gesundheit beim langfristigen EU-Haushalt Bestand haben.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Corona dominiert derzeit alle EU-Politikfelder. Da könnten auch Budgetkürzungen für den EU-weiten Kampf gegen Krebs drin sein.

Corona dominiert derzeit alle EU-Politikfelder. Da könnten auch Budgetkürzungen für den EU-weiten Kampf gegen Krebs drin sein.

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Brüssel. So nicht! Das Votum der EU-Parlamentarier war glasklar, als sie in ihrer Sitzung vom 23. Juli über den vom Europäischen Rat in der legendären, viertägigen Sitzung zuvor ausbaldoverten Plan bezüglich des langfristigen EU-Haushalts (Mehrjähriger Finanzrahmen/MFR) für die Jahre 2021-2027 vorgelegt bekamen. Ohne Zustimmung des EU-Parlamentes kann die Verabschiedung des MFR aber nicht weitergehen.

Bedingt durch die Corona-Pandemie sollen nach den Vorstellungen des Europäischen Rates sämtliche Leitprogramme – darunter die Gesundheit – finanziell Federn lassen, um den Haushalt nicht noch mehr aufzublähen.

Der Rat hat den MFR mit taxierten 1,074,3 Billionen Euro und dem als „Next Generation EU“ (750 Milliarden Euro) bezeichneten außerordentlichen Aufbauinstrument zu einem Paket verknüpft, mit dem die EU die Mitgliedstaaten beim Wiederaufbau nach der COVID-19-Pandemie unterstützen und Investitionen in den grünen und digitalen Wandel gefördert werden sollen.

EU-Parlament geht der Rat zu weit

Wie das EU-Parlament in seiner Entschließung warnt, würden die Kürzungen bei den Programmmitteln „die Grundlagen einer nachhaltigen und robusten Erholung untergraben“. Den Leitprogrammen – auch dem für Gesundheit – drohe, dass sie 2021 erheblich weniger Mittel erhielten als noch 2020.

Die Abgeordneten weisen außerdem darauf hin, „dass der EU-Haushalt insgesamt ab 2024 unter dem Niveau von 2020 liegen wird, was die Verpflichtungen und Prioritäten der EU gefährdet“.

Für die Europäische Krebspatienten-Koalition (European Cancer Patient Coalition/ECPC) konterkariert der pandemiebedingte Rotstift-Aktionismus vor allem die Bemühungen im Kampf gegen Krebs, den sich die EU-Kommission unter ihrer Präsidentin – und Ärztin – Ursula von der Leyen so medienwirksam auf die Fahne geschrieben hat.

Knackpunkt Subsidiarität

Dabei gehen Kürzungen, so der offensichtliche Gedanke, besonders im Gesundheitsbereich leicht von der Hand. Denn der Knackpunkt ist: Gesundheitsprogramme spielen in der Union in der Regel keine große Rolle, weil die soziale Sicherung als subsidiäre Aufgabe der Einzelstaaten gilt.

Die ECPC lässt ihrer Enttäuschung über den Sparwahn auch freien Lauf: „Wir haben ernsthafte Bedenken, dass das erschöpfte Budget wahrscheinlich nicht die Erwartungen der Krebspatienten in der EU erfüllen oder ehrgeizige gesundheitspolitische Maßnahmen und Innovationen in der Krebsversorgung in der gesamten EU erfolgreich umsetzen wird“, heißt es in einer Stellungnahme.

Für die ECPC haben die europäischen Politiker entweder nichts aus der Pandemie gelernt oder die komplett falschen Schlüsse gezogen: „Dieselben Staats- und Regierungschefs, die noch vor wenigen Monaten ein sofortiges Handeln der EU im Gesundheitsbereich forderten, zeigen uns jetzt, dass Gesundheit noch immer nicht die Priorität genießt.“

Krebsgemeinschaft besorgt über die Folgewellen der Pandemie

Obwohl COVID-19 Schwächen des Gesundheitssystems jedes einzelnen Mitgliedstaates aufgezeigt habe, „was die perfekte Dynamik zu sein schien, um den globalen Ansatz im Gesundheitsbereich neu zu gestalten“, hätten die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten beschlossen, „Gesundheit und Forschung zu opfern, und reduzierten das ehrgeizige Budget des EU4Health-Programms von den vorgeschlagenen 9,4 Milliarden Euro auf 1,7 Milliarden Euro. Das Programm Horizon Europe, das die Forschung finanziert, wurde von 94,4 Milliarden Euro auf 80,9 Milliarden Euro herabgesetzt“, so die ECPC.

Mit Blick auf entsprechende wissenschaftliche Studien, die die Vulnerabilität von Krebspatienten im Zusammenhang mit COVID-19 offenlegten, weist die ECPC die Politik darauf hin, dass die europäische Krebsgemeinschaft besorgt sei über die zu erwartenden Folgewellen der Pandemie.

Zum Schluss richtet die ECPC einen Appell an die Budget-Verhandler: „Wir fordern , die Gesundheit dorthin zu stellen, wo sie hingehört, nämlich in den Mittelpunkt der strategischen Prioritäten.“ Ohne Einigung würde der bisherige Haushalt fortlaufen.

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