Diabetes
GBA mahnt Dialog der Fachgesellschaften an
Dauerstreit um Pharmakotherapie und Interventionsgrenzen bei Diabetikern: Nun fordert der Bundesausschuss den Dialog der Experten mit dem Ziel der Befriedung in der Fachwelt.
Veröffentlicht:BERLIN. Der Leiter der Abteilung Arzneimittel des Gemeinsamen Bundesausschusses, Thomas Müller, hat dringend einen Dialog der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften angemahnt. Es geht ihm darum, die andauernde Kontroverse zur Pharmakotherapie insbesondere beim Diabetes mellitus Typ-2 aus der Welt zu schaffen. Die divergierenden Positionen der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM), der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit einerseits und der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) andererseits seien "einzigartig in der Medizin". Das sagte Müller bei dem von Novo Nordisk organisierten Symposion Diabetes 2030 am Donnerstagabend in der Dänischen Botschaft in Berlin.
Der fehlende Konsens in der medizinischen Fachwelt und widersprüchliche Leitlinien von DEGAM und DDG erschwere auch versorgungspolitische Entscheidungen etwa bei der Nutzenbewertung von Arzneimitteln. Bereits im Vorfeld des AMNOG sei die Debatte insbesondere mit dem IQWiG und seinem damaligen Chef Professor Peter Sawicki mit hoher Emotionalität geführt worden. Das habe sich bei den Anhörungen im Rahmen der frühen Nutzenbewertung fortgesetzt. Es sei nun dringend notwendig, hinsichtlich der Grenzwerte für therapeutische Interventionen, Minimal- und Maximaltherapie sowie die Beherrschung von Risikofaktoren zu einem Dialog mit dem Ziel der Befriedung in der Fachwelt zu kommen.
Eine Chance dazu sei die nun deutlich besser werdende Evidenz zu den Langzeitwirkungen auf diabetische Folgekrankheiten durch langlaufende Outcome-Studien, die die Europäische Arzneimittelagentur EMA initiiert habe. Die daraus resultierenden neuen Erkenntnisse werden nach Angaben Müllers bei erneuten Nutzenbewertungen auf jeden Fall einbezogen. Dazu liege beim GBA schon eine Reihe von Anträgen vor.
Auf breite Zustimmung der Symposions-Teilnehmer – Wissenschaft, Ärzte aus Praxis und Klinik sowie Vertreter der Selbsthilfe – stieß die im Koalitionsvertrag vereinbarte Nationale Diabetes-Strategie. "Wir brauchen nun ein Pflichtenheft und messbare Ergebnisse", forderte der Diabetologe Professor Diethelm Tschöpe.
Eine solche Strategie könne kosteneffektiv sein, so der Gesundheitsökonom Professor Jürgen Wasem. Die Kosten der medizinischen Versorgung von Diabetikern beziffert er auf 22 bis 25 Milliarden Euro mit einer Wachstumsrate von gegenwärtig von fünf Prozent. Drei Viertel entfallen auf Folgekomplikationen. Die Kombination aus demografischer Alterung und steigender Inzidenz führe zu einer Dynamik der direkten Kosten des Diabetes Typ-2, die für sich genommen den GKV-Beitragssatz um 1,5 bis 2,0 Prozentpunkte erhöhen werde.
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