Integrierte Versorgung
Gegen den Teufelskreis von Parodontitis und Diabetes
Eine eigene elektronische Patientenakte und 400 Praxen in Baden-Württemberg sowie NRW sind die Zutaten für ein erhofftes Erfolgsrezept zur optimierten Versorgung von Diabetikern mit Parodontitis.
Veröffentlicht:Heidelberg/Berlin. Inwieweit lässt sich durch eine spezielle digitale Dokumentation die integrierte Versorgung von Diabtekiern mit Parodontitis verbessern? In Heidelberg ist nun der Startschuss für das Projekt „DigIn2Perio“ („Digital Integrierte Versorgung von Diabetes mellitus Typ-2 und Parodontitis“) gefallen, das nach Angaben des Universitätsklinikums Heidelberg vom Mittwoch über vier Jahre mit 5,4 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gefördert wird.
Die Projektleitung übernimmt Professor Stefan Listl, Oberarzt in der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde und Leiter der Sektion Translationale Gesundheitsökonomie am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD). Die Projektbeteiligten wollen durch die digitale Vernetzung der haus- und zahnärztlichen Versorgung die Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit in der Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen verbessern.
Hintergrund: Durch die anhaltenden Entzündungen bei Parodontitis werden Botenstoffe in den Körper freigesetzt, die sich negativ auf den Blutzucker auswirken und das Risiko für diabetische Komplikationen erhöhen können. Wiederum lässt eine schlechte Einstellung des Blutzuckerspiegels bei Diabetes mellitus das Parodontitis-Risiko ansteigen. Obwohl derartige Wechselwirkungen zwischen den Erkrankungen bekannt sind, werden sie häufig getrennt voneinander behandelt.
Elektronische Überweisung für schnelle Mitbehandlung
Anders bei der Heidelberger Studie, in die rund 400 Praxen in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen eingebunden werden: Hausärztinnen und Hausärzte prüfen mit Hilfe eines validierten Screening-Instruments, ob bei Betroffenen mit Diabetes mellitus Typ-2 der Verdacht auf Parodontitis besteht, während Zahnärztinnen und Zahnärzte ihre Parodontitis-Patientinnen und -Patienten auf ein erhöhtes Diabetes-Risiko testen.
Die Erfassung wird digital unterstützt und das Ergebnis der Untersuchung in der elektronischen Patientenakte (ePA) aufgenommen, wodurch der Datenaustausch erleichtert wird: „Bei erhöhtem Risiko können eine elektronische Überweisung zur Mitbehandlung an die jeweilige Fachrichtung veranlasst sowie relevante Daten zu Behandlung und Therapie weitergeleitet werden“, erklärt Listl. Und ergänzt: „Für Patientinnen und Patienten kann dadurch eine zeitnahe Behandlung der jeweiligen Begleiterkrankung eingeleitet werden.“
Im Rahmen der Studie wird laut UKHD geprüft, ob sich die neue Versorgungsform zur systematischen Früherkennung beider Erkrankungen eignet und inwieweit sie sich von der derzeitigen Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen unterscheidet. Dabei werden Faktoren wie die Krankheitslast, Lebensqualität, Inanspruchnahme und die zahn- und hausärztliche Vergütung beurteilt.
„Im Erfolgsfall könnte die digital integrierte Versorgung von Diabetes mellitus Typ-2 und Parodontitis in die Regelversorgung überführt werden“, ergänzt der Projektleiter. „Dadurch würde sie zu einer medizinischen Versorgung, die allen gesetzlich Versicherten zusteht.“