Koalitionsvertrag

Großer Ampel-Plan für die Pflege

Die Pflegeprofession, eine der Heldinnen in der Corona-Pandemie, darf sich als Gewinnerin des Koalitionsvertrags fühlen. Für Beitragszahler stehen indes höhere Beiträge ins Haus.

Veröffentlicht:
Mehr Pflegebedürftige, mehr Kosten für die Pflegeversicherung: Die potenziellen Ampel-Koalitionäre planen daher eine „moderate“ Beitragserhöhung.

Mehr Pflegebedürftige, mehr Kosten für die Pflegeversicherung: Die potenziellen Ampel-Koalitionäre planen daher eine „moderate“ Beitragserhöhung.

© js-photo / stock.adobe.com

Berlin. Die Ampel-Parteien wollen es nicht bei abendlichen Beifallsbekundungen und sonntäglichen Dankesreden belassen: Mit einer Milliarde Euro wollen die wahrscheinlich neuen Koalitionäre im Bund den Einsatz von Pflegekräften in der Pandemie belohnen. Laut Koalitionsvertrag steigt die Steuerfreiheit des Pflegebonus auf 3000 Euro.

Doch damit nicht genug: Die rund 1,2 Million professionell Pflegenden in Deutschland sollen auch mehr Eigenständigkeit in der Berufsausübung und größeren Einfluss auf versorgungspolitische Entscheidungen erhalten. So will die Ampel, dass Pflegefachkräfte heilkundliche Tätigkeiten übernehmen dürfen. Auch ein allgemeines Heilberufegesetz soll auf den Weg gebracht werden.

Gesundheitsschwestern vor Ort

Mit der sogenannten Community Health Nurse – die in Teilen Skandinaviens oder den USA bereits im Einsatz ist – soll zudem ein neues Berufsbild geschaffen werden. Die Idee dahinter: Gesundheitsschwestern stehen vor Ort, in den Gemeinden, jungen schwangeren Frauen, chronisch Kranken oder pflegebedürftigen älteren Menschen beratend und unterstützend zur Seite – eine Entlastung womöglich auch für Ärzte, die auf dem Land knapp werden.

Im Gemeinsamen Bundesausschuss soll dem Deutschen Pflegerat eine stärkere Mitsprache eingeräumt werden – ob das auf eine eigene Bank hinausläuft, ist unklar.

Einen sauren Drops haben die Ampel-Partner für die Beitragszahler parat: So sollen steigende Pflegekosten über höhere Beiträge zur Pflegeversicherung aufgefangen werden – die Erhöhung soll moderat ausfallen, schreiben die Koalitionäre in spe vorsichtig – wohl auch mit Blick auf die 40-Prozent-Grenze bei den Sozialbeiträgen.

Leistungen für häusliche Pflege sollen regelmäßig dynamisiert werden

Entlasten wollen die Ampelparteien die Beitragszahler dadurch, dass versicherungsfremde Leistungen wie die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige oder pandemiebedingte Zusatzkosten aus Steuermitteln finanziert werden. Überdies soll geprüft werden, wie die zuletzt gestiegenen Eigenanteile für Heimbewohner weiter abgesenkt werden können.

Für die häusliche Pflege wiederum sollen Leistungen regelhaft dynamisiert werden. Anpacken will die Ampel auch die Baustelle der 24-Stunden-Pflege durch ausländische Betreuungskräfte. Nach dem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts vom vergangenen Juni besteht Handlungsbedarf. Die Richter hatten festgehalten, dass ausländischen Beschäftigten, die Senioren häuslich betreuen, gesetzlicher Mindestlohn zusteht. Die Ampel will hierfür eine rechtssichere Grundlage schaffen.

Lesen sie auch

Noch auf den letzten Metern reingenommen in den Koalitionsvertrag hat Rot-Gelb-Grün das Vorhaben, eine freiwillige, paritätisch finanzierte Pflege-Vollversicherung „zu prüfen“.

Eine Expertenkommission soll dazu 2023 Vorschläge auf den Tisch legen, „die generationengerecht sind“. Für die private Pflegeversicherung sollen vergleichbare Möglichkeiten geschaffen werden. Was die Kompromissformel am Ende bringt, bleibt abzuwarten. Eine Pflege-Bürgerversicherung ist mit der FDP bekanntlich nicht zu machen. (hom)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Leitartikel

Ärzte stehen bei der Ampel in der zweiten Reihe

Koalitionsvertrag

Das alles will Rot-Gelb-Grün servieren

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Insgesamt lässt sich auf jeden Fall sagen, dass die Kosten an vielen Stellen schneller gestiegen sind als der Orientierungswert.

© Leafart - stock.adobe.com

Praxismanagement

So bekommen Sie steigende Praxiskosten in den Griff

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: apoBank
Bulle und Bär: Wer wird im Anlagejahr 2024 die Oberhand behalten? Zuletzt waren angesichts der Kurssteigerungen die Bullen auf der stärkeren Seite.

© peterschreiber.media / stock.adobe.com

Jahresausblick Geld und Vermögen

Geldanlage: Comeback des klassischen gemischten Portfolios

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: apoBank
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025