Anhörung im Bundestag
Grüne kämpfen für Frauenquote im Gesundheitswesen
Im deutschen Gesundheitswesen arbeiten deutlich mehr Frauen als Männer. In den Führungspositionen sind sie aber erheblich unterrepräsentiert. Die Grünen fordern eine Quotenregelung.
Veröffentlicht:BERLIN. Im deutschen Gesundheitswesen arbeiten überwiegend Frauen. Sie stellen 70 Prozent der Beschäftigten. Der Frauenanteil bei den Vertragsärzten liegt bei 46 Prozent, bei den Zahnärzten sind es 38 Prozent. Nahezu jeder zweite gesetzlich Versicherte ist weiblich und doch sind Frauen in allen wesentlichen Gremien des deutschen Gesundheitswesens deutlich unterrepräsentiert.
So hat die Mehrheit der Kassenärztlichen Vereinigungen kein weibliches Mitglied in ihrem Vorstand und auch der KBV-Vorstand ist mit drei Männern besetzt. In den Vertreterversammlungen liegt der Frauenanteil bei 18 Prozent, bei den Zahnärzten sind es sogar nur fünf Prozent.
Als besonderes Negativbeispiel führt der Deutsche Ärztinnenbund (DÄB) die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) an. „Sie ist mit drei Männern im Präsidium vertreten, im erweiterten Präsidium finden sich weitere zehn Männer. Das Präsidium arbeitet mit Experten in der erweiterten DKG zusammen, zu dem 33 Männer und vier Frauen gehören“, heißt es beim DÄB.
Anhörung zur Quote im Ausschuss
Dieses Missverhältnis will die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen ändern. Sie fordert die Regierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Frauenanteil in Selbstverwaltungsgremien und Führungspositionen im Gesundheitswesen stärkt.
Konkret fordern die Grünen zum Beispiel eine verbindliche Frauenquote für die Vorstände der KBV und der KZBV sowie für die Vorstände der gesetzlichen Krankenkassen und des GKV-Spitzenverbandes.
Mit dieser Forderung befasst sich am Mittwoch der Gesundheitsausschuss des Bundestages in einer öffentlichen Anhörung. Die bereits vorliegenden Stellungnahmen zeigen – alle sind für mehr Frauenförderung, aber nicht jeder ist für die Quote.
Am vehementesten gegen eine Frauenquote positioniert sich die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Ein möglichst repräsentatives Verhältnis von Frauen und Männern in der Selbstverwaltung sei zwar wünschenswert, sollte aber nicht durch eine Quote erzwungen werden, heißt es in der Stellungnahme.
Bei der Vertretung der Arbeitgeberseite in den Verwaltungsräten der Kranken- und Pflegekassen sei zu berücksichtigen, dass deutlich mehr Männer als Frauen die Arbeitgebereigenschaft im Sinne des Paragrafen 51 SGB IV erfüllten. Hier heißt es: „Wählbar als Vertreter der Arbeitgeber ist auch ein gesetzlicher Vertreter, Geschäftsführer oder bevollmächtigter Betriebsleiter eines Arbeitgebers.“
Weniger als ein Drittel der Führungskräfte in Deutschland seien derzeit weiblich, so die BDA. Zudem seien Geschlechterquoten verfassungsrechtlich problematisch, da sie dem Grundsatz der Wahlfreiheit widersprächen.
Für eine Quote spricht sich dagegen der Deutsche Ärztinnenbund aus. „Gremien müssen ein Abbild der Gesellschaft sein, ärztliche Gremien ein Abbild der Ärzteschaft“, heißt es in der Stellungnahme des DÄB, deren Präsidentin Dr. Christiane Groß als Einzelsachverständige zur Anhörung eingeladen wurde.
Mit Frauen in den ärztlichen Gremien fließe weibliche Expertise und weibliches Denken ein und bereichere die Diskussion. Frauen brächten andere Aspekte in die Gremien ein. „Das ist die Chance und der Mehrwert des gemischten Teams“, so der DÄB.
Skeptische Arbeitgebervertreter
Der GKV-Spitzenverband kommt beim Thema Quote zu keinem einstimmigen Meinungsbild. Die Arbeitgebervertreter halten wie die BDA ein repräsentatives Verhältnis von Frauen und Männern zwar für wünschenswert, wollen es aber nicht erzwingen.
Sie fragen auch, weshalb der Bundestag, der für seine eigene Wahl kein Geschlechterquorum vorschreibe, dieses für die soziale Selbstverwaltung festlegen wolle. Die Versichertenvertreter dagegen würden verbindliche Vorgaben für eine stärkere Beteiligung von Frauen begrüßen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund schlägt vor, dass bei der Listenaufstellung künftig jede dritte Person eine Frau beziehungsweise ein Mann sein soll. Der GKV-Spitzenverband weist darauf hin, dass nach einem Personalwechsel zum 1. Juli zwei der drei Vorstandsmitglieder weiblich sein werden.