Reform
Grünen-Politiker Dahmen kritisiert „zunehmend lausige Qualität“ in der Notfallversorgung
Fehl-, Unter- und Überversorgung kritisiert der Grünen-Politiker Dr. Janosch Dahmen in der Notfallmedizin. Er beklagt zunehmend „lausige Qualität“ und Sektorengrenzen, die nicht funktionieren. Und er fordert eine Luftrettung, die auch nachts und bei schlechtem Wetter fliegen darf.
Veröffentlicht:Berlin. Der Grünen-Politiker und Notfallmediziner Dr. Janosch Dahmen warnt vor Qualitätsverlusten in der Notfallversorgung. „Im Moment haben wir einen geteilten Sicherstellungsauftrag. Vertragsärztliche Kolleginnen und Kollegen und ihre Kolleginnen und Kollegen in den Notaufnahmen der Krankenhäuser sind gemeinsam für die Notfallversorgung verantwortlich. Und man merkt, dass es an dieser Sektorengrenze besonders holpert und nicht funktioniert“, sagte Dahmen im Interview mit der Ärzte Zeitung.
Eine Reform müsse die „Gleichzeitigkeit von Fehl-, Unter- und Überversorgung“ bei medizinischen Notfällen beseitigen, sagte Dahmen, der gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag ist. In Zeiten von Fachkräftemangel habe Deutschland schlichtweg nicht mehr das Personal, um sich solche Doppelstrukturen zu leisten. „Und man muss sagen, die Qualität, die da stattfindet, ist zunehmend lausig.“ In der Vergangenheit seien Probleme oft „mit Geld zugekippt“ worden, statt sie lösen. Das müsse sich ändern.
Dahmen hat bis zu seinem Einzug in den Bundestag im November 2020 als Ärztlicher Leiter bei der Berliner Feuerwehr den Rettungsdienst in der Hauptstadt verantwortet.
Instrumenten-Flugverfahren für Rettungshubschrauber
Zudem fordert er für die Luftrettung ein flächendeckendes Netz mit Hubschraubern, die auch nachts fliegen dürfen. In einigen Bundesländern dürften sie „nachts nicht fliegen“. Für Rettungshubschrauber sollte nach seinen Worten das sogenannte Instrumenten-Flugverfahren eingeführt werden, das Flüge auch bei schlechter Sicht erlaubt. Als Beispiele nannte er die Schweiz, Dänemark, die Niederlande und Norwegen, in denen das üblich sei.
Der Umbau der Notfallversorgung ist Teil der geplanten Reform der Krankenhausreform. Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) hatte dazu kürzlich gemeinsam mit einer mehrköpfigen Regierungskommission Vorschläge gemacht. Demnach sollen sich Patienten im Notfall künftig an Integrierte Notfallzentren (INZ) in Krankenhäusern wenden.
Viele Bundesbürger wüssten derzeit nicht, an wen sie sich bei einem medizinischen Notfall wenden sollten, sagte Dahmen. Sie könnten zum Hausarzt gehen, die Notaufnahme eines kleinen oder großen Krankenhauses aufsuchen, den Rettungsdienst via 112 oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst über die 116 117 anrufen. „Und da sagt die Regierungskommission einen entscheidenden Satz, den ich sehr weise finde: Der Mensch in Not definiert mit seinem Hilfeersuchen den Notfall, das System muss darauf verlässlich die passende Antwort liefern. Dafür brauchen wir mehr Vernetzung.“ (af/hom)