Offener Brief an Minister Lauterbach
HIV-Versorger rufen nach Maßnahmen gegen Lieferengpässe
Nach den Lieferschwierigkeiten bei PrEP-Medikament schreiben Fachorganisationen einen offenen Brief an Minister Lauterbach. Sie fordern Maßnahmen gegen Lieferengpässe und Schutz von HIV-Praxen gegen Regresse.
Veröffentlicht:Berlin. Nach den mehrmonatigen Lieferschwierigkeiten bei dem HIV-Medikament Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil haben Fachorganisationen einen offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geschrieben.
Darin fordern die Deutsche AIDS-Gesellschaft, die Deutsche Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger Ärztinnen und Ärzte für Infektionskrankheiten und HIV-Medizin sowie der HIV- und Hepatitis-kompetenten Apotheken und die Deutsche Aidshilfe weitere Maßnahmen, um eine „kontinuierliche Bereitstellung von Arzneimitteln als Teil der Daseinsvorsorge sicherzustellen“. Darüber hinaus drängen die Verbände auf einen Schutz von Praxen und Apotheken vor Regressen und Retaxierungen.
Monatelang war das PrEP-Mittel knapp
Anlass für das Schreiben ist der zurückliegende monatelange Versorgungsmangel bei dem HIV-Medikament Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil, das als einziges Arzneimittel für die HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) zugelassen ist. „Da Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil zudem für viele HIV-positive Menschen ein zentraler Bestandteil ihrer lebensrettenden antiretroviralen Therapie ist, mussten zahlreiche Betroffene auf Mittel umgestellt werden, die sie nicht gewohnt waren“, schreiben die Organisationen.
Dass sich die Versorgungslage seit Anfang Februar entspannt, führen sie auf das „Engagement von Vertreter*innen der betroffenen Community und der HIV-kompetenten Schwerpunktpraxen, Kliniken und Apotheken“ zurück: „Wir haben schnell zwei Runde Tische einberufen, mit Herstellerfirmen gesprochen und mit Informationen dafür gesorgt, dass der Mangel zumindest ein Stück weit solidarisch überbrückt werden konnte. Zuletzt haben auch das BfArM und das BMG mit uns in der Sache kooperiert“, heißt es in dem Brief.
Nationale Datenbank nötig
Trotz der inzwischen verbesserten Verfügbarkeit verlangen die Organisationen von der Politik Maßnahmen, um künftig Lieferengpässen zu begegnen. So wird die Einführung eines Schnellwarnsystems und einer nationalen Arzneimitteldatenbank gefordert, in der aktuelle Produktions- und Lagerbestände von Behörden abgerufen werden können. Dafür seien stabile Kommunikations- und Kooperationskanäle „zwischen Menschen aus den Lieferketten, verschreibenden Ärzt*innen, Apotheker*innen, Community-Vertreter*innen und staatlichen Stellen“ nötig.
Gefordert werden zudem eine Rückverlagerung der Wirkstoffproduktion nach Europa, eine Überprüfung der Auswirkungen von Preisbildungs- und Rabattierungsmechanismen sowie der Schutz von Ärzten und Apothekern vor Regress- und Retaxforderungen. Die finanziellen und wirtschaftlichen Folgen von Lieferengpässen müssten für diese ausgeglichen werden. Der GKV-Spitzenverband habe sich geweigert, „den versorgenden Praxen, Kliniken und Apotheken ein Signal zu senden, dass ihre Bemühungen um eine Aufrechterhaltung der Versorgung keine wirtschaftlichen Nachteile haben würden“. (juk)