Masern

Jungmediziner gegen Spahns Impfgesetz

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BERLIN. Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) lehnt das geplante Masernschutzgesetz von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ab. Es gebe in Europa keine hinreichende Evidenz, die einen Zusammenhang zwischen verpflichtenden Impfungen und steigenden Impfraten bestätige, so die Begründung der Nachwuchsmediziner.

Eher sei zu befürchten, dass eine gesteigerte Ablehnung bei Einführung einer Impfpflicht insgesamt zu geringeren Impfraten und damit zum gegenteiligen Effekt führen könne. Gerade die Einführung von partiellen Impfpflichten – wie jetzt mit dem Gesetz ausschließlich gegen Masern vorgesehen – habe in anderen Ländern häufig zu einem Absinken der Impfraten für andere Erkrankungen geführt.

Stattdessen sollten Konzepte wie nationale Impfregister, elektronischer Impfpass, Erinnerungssysteme und interdisziplinäre Impfmodelle als vorrangige Ansätze geprüft und ein flächendeckender, niedrigschwelliger Zugang zu Impfungen geschaffen werden.

Zudem fordert der bvmd, den Medizinstudenten alle für sie indizierten Impfungen bereitzustellen und zu bezahlen, um die eigene wie die Patientensicherheit zu gewährleisten. (bar)

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Kommentare
Rudolf Hege 13.05.201915:39 Uhr

Dem "Volk" aufs Maul geschaut?

Es ist ja nichts Neues, dass Politiker gerne ihre Meinung nach den aktuellen Meinungstrends ausrichten - und dann in "vorauseilendem Gehorsam" das umsetzen wollen, was von den Medien gerade als Sau durchs Dorf getrieben wird. Und Herr Spahn in seinem Versuch, sich als Kanzlerkandidat doch noch zu empfehlen, ist hier wohl besonders umtriebig. Ob es der Sache nützt ist dagegen fraglich. Wer Impfungen anpreist wie warmes Bier oder gar mit Gewalt rein drücken will, verursacht nur massenhafte Verfahren. Schließlich sind viele impfunwillige Eltern auch Juristen...

Dr. Thomas Georg Schätzler 11.05.201918:17 Uhr

Der Bundesgesundheitsminister von Kompetenz umzingelt?

Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) ist offensichtlich medizin- und versorgungserfahrener als Bundesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Auch die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin DEGAM rät zur Besinnung bei der Debatte um die Impfpflicht und warnt vor "Alarmismus".

Selbst die WHO Europa schrieb bereits im vergangenen Jahr: "Copenhagen, Denmark, 20 August 2018 - In der Europäischen Region der WHO haben sich in den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 mehr als 41. 000 Kinder und Erwachsene mit Masern infiziert...
In diesem Jahr haben bisher sieben Länder (Frankreich, Georgien, Griechenland, Italien, Russische Föderation, Serbien und Ukraine) mehr als 1.000 Infektionsfälle bei Kindern und Erwachsenen verzeichnet. Dabei war die Ukraine mit über 23.000 Fällen – mehr als die Hälfte aller Fälle in der Europäischen Region – am stärksten betroffen. Aus all diesen Ländern wurden auch masernbedingte Todesfälle gemeldet; am meisten waren es in Serbien mit 14 Fällen."
http://www.euro.who.int/de/media-centre/sections/press-releases/2018/measles-cases-hit-record-high-in-the-european-region

Deutschland ist damit bei den Hochrisikoländern nicht dabei.

Die Augsburger Allgemeine berichtete am 8.2.2019:
"In Deutschland ist die Zahl der Masern-Fälle zurückgegangen
In Deutschland war der Trend den Angaben zufolge gegenläufig: Nach gut 900 Masern-Fällen 2017 wurden im vergangenen Jahr nur gut 50 0 Fälle gemeldet. In den 53 Ländern der Region hätten sich 2018 fast 82.600 Menschen mit Masern angesteckt – 72 Kinder und Erwachsene seien daran gestorben, berichtet die WHO. Sie zählt zu der Region neben der EU auch Russland, die Türkei, Israel und die in Asien liegenden Länder Usbekistan und Aserbaidschan."
https://www.augsburger-allgemeine.de/wissenschaft/WHO-Bericht-Masernfaelle-in-Europa-haben-sich-2018-verdreifacht-id53420791.html

Aus der Tatsache, dass Deutschland der WHO gar keine Erwähnung mehr wert ist, kann man schließen, dass das Masern-Problem hierzulande weitgehend eingehegt ist. Eine staatlich verordnete, generelle Impfpflicht gegen Masern macht dagegen aus eingefleischten Impfgegnern selbsternannte Märtyrer, die jetzt schon mit immer absurderen Thesen und Behauptungen im Internet hausieren gehen.

An dieser Stelle sollten Politik, Medien und Öffentlichkeit ansetzten und die freie Entscheidung f ü r den Schutz gegen übertragbare Erkrankungen durch Impfungen hervorheben. Dazu gehören empirische Begleitforschung, systematische Impf-Antikörper-Evaluationen und wiederholte Wirksamkeits- und Effizienz-Prüfungen der Impfstoffe.

Zur Panik gibt es keinen Anlass: Wer korrekt mindestens zweimal gegen Masern/Mumps/Röteln (MMR) geimpft ist, kann doch direkt neben akut Erkrankten sitzen, ohne jemals selbst zu erkranken. Ärztinnen und Ärzte, Pflege- und Logistik-Personal nicht nur auf Infektiologie-Stationen erkranken doch auch nicht an Infektionen, wenn sie ausreichende Antikörper haben.

Eine generelle Impfpflicht würde voraussetzen: Staatliche Überwachung mit Überprüfung des Impfverhaltens und ggf. Ordnungsgeldern bzw. Zwangsvorführung bei Zuwiderhandeln. Kontraproduktive Effekte wären damit vorprogrammiert.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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