Nordrhein
Kammerchef warnt vor Spaltungstendenzen in der Ärzteschaft
Ärzte müssen allen Maßnahmen zustimmen, die helfen, die Corona-Pandemie einzudämmen und vulnerable Gruppen zu schützen, mahnt ÄKNo-Präsident Rudolf Henke.
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Klare Worte von ÄKNo-Präsident Rudolf Henke an seine Kollegen.
© Jochen Rolfes
Düsseldorf. Die individuell sehr unterschiedliche Wahrnehmung der Corona-Pandemie kann zum Problem werden, warnt der Präsident der Ärztekammer Nordrhein (ÄKNo), Rudolf Henke. Einerseits könne man die Pandemie nur gemeinsam bekämpfen, sagte er auf der ÄKNo-Kammerversammlung, die erstmals in rein digitaler Form stattfand. „Andererseits erleben wir, wie sie Spaltungstendenzen in unserer Gesellschaft begünstigt.“
Solche Tendenzen gebe es auch in der Ärzteschaft. „Hüten wir uns davor“, betonte Henke. Er verwies auf das ärztliche Gelöbnis, nach dem Ärzte ihr Leben in den Dienst der Menschlichkeit stellen und die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen als erstes Anliegen sehen. „Aus diesem Selbstverständnis heraus ist es für uns als Ärzteschaft keine Option, erst dann zum Handeln aufzurufen, wenn die Überforderung des Gesundheitssystems mit all ihren Folgen bereits eingetreten ist“, mahnte er.
Erinnerung an das ärztliche Gelöbnis
Ältere Menschen und chronisch Kranke würden durch SARS-CoV-2 besonders bedroht. „Aus diesem Grund geht es bei allen Strategiediskussionen im Kern auch immer um die Frage unserer gesellschaftlichen Werte und deren Verbindlichkeit“, sagte der ÄKNo-Präsident. „Es geht um die Frage, wie wichtig uns verletzliche Bevölkerungsgruppen sind.“ Ärzte müssten deshalb allen Maßnahmen zustimmen, die helfen, die Pandemie einzudämmen und vulnerable Gruppen zu schützen, findet er.
„Bei allen Entscheidungen müssen wir stets auf’s Neue die Balance zwischen den sozialen, ethischen, medizinischen, wirtschaftlichen und politischen Erfordernissen bei der Pandemiebekämpfung im demokratischen Prozess aushandeln“, skizzierte Henke, der auch CDU-Bundestagsabgeordneter ist, die Herausforderung. „Um diesen Prozess werden wir auch künftig nicht herumkommen, denn einen Königsweg oder die eine große richtige Strategie bei der Pandemiebekämpfung haben wir alle nicht.“
Werben für AHA-Regeln
Er forderte die Ärzteschaft auf, weiterhin die Notwendigkeit der AHA-L-A- Regeln – Abstand, Hygiene, Alltagsmasken, Lüften, (Warn-)App – gemeinsam zu kommunizieren und der Bevölkerung „ein Signal der Zuversicht und des Vertrauens“ zu geben. Eine sehr große Mehrheit der Kammerversammlung schloss sich dieser Einschätzung an. Die Delegierten verabschiedeten einen Antrag, der die Bevölkerung im Rheinland zur Einhaltung der einfachen Regeln der Pandemiebekämpfung auffordert.
„In der aktuellen hochdynamischen Situation sind der Erhalt der Funktionsfähigkeit der ambulanten und stationären Patientenversorgung sowie die personelle und strukturelle Nachrüstung unserer Gesundheitsämter von zentraler Bedeutung“, sagte Henke. Als notwendige Maßnahmen nannte er:
- die weitere Bereitstellung und Finanzierung ausreichender Schutzmaterialien,
- die Aussetzung von Dokumentationspflichten zu Abrechnungs-, Kontroll- und Qualitätssicherungszwecken soweit sie nicht zwingend nötig sind,
- eine effektive Schutzschirmregelung für die Praxen und den Ausgleich der COVID-bedingten Mindererlöse für die Krankenhäuser und
- die bessere Ausstattung des öffentlichen Gesundheitsdienstes mit qualifizierten Ärztinnen und Ärzten, für die arztspezifische, arbeitsmarktadäquate Tarifverträge gelten müssen.