Werbung

Kassen schießen mitunter übers Ziel hinaus

Um attraktive Mitglieder zu gewinnen, sind Krankenkassen recht kreativ - vor allem auch dabei, die Prämien für Wechsler und die Kosten dafür zu verschleiern. Aufschluss über die Praktiken hat das Bundesversicherungsamt eruiert.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Die Finanzmittel für Werbung sind bei Krankenkassen gesetzlich begrenzt - einige halten sich nicht dran.

Die Finanzmittel für Werbung sind bei Krankenkassen gesetzlich begrenzt - einige halten sich nicht dran.

© C.Ohde / dpa

BONN. Die Krankenkassen nutzen verstärkt elektronische Medien wie das Internet und soziale Netzwerke, um neue Versicherte zu gewonnen. Das Bundesversicherungsamt hat diese Praxis bei den bundesunmittelbaren Krankenkassen unter die Lupe genommen.

Dabei stieß das Amt im Jahr 2013, wie der nun vorliegende Prüfbericht ausweist, auf verschiedene Internetseiten, über die wechselwillige Versicherte einen Mitgliedschaftswechsel zu einer neuen Krankenkassen anstreben können.

Die Versicherten erhalten von dem Betreiber der Internetseite eine Prämie, zum Beispiel Blu-Ray-Player, Elektrorasenmäher, E-Book-Reader oder Einkaufsgutscheine, wenn sie die Kasse wechseln.

Die aufnehmende Krankenkasse zahlt dem Betreiber des Internet-Portals für neu zustande gekommene Mitgliedschaften eine Aufwandsentschädigung.

Der Betreiber selbst handelt nach Rechtsauffassung des Bundesversicherungsamtes als Erfüllungsgehilfe der Kasse. Insofern sei das Handeln des Internet-Portal-Betreibers im Verhältnis zum Neumitglied der Krankenkasse als deren eigenes Handeln zuzurechnen.

Die Krankenkassen selbst sind jedoch nicht berechtigt, den Versicherten derart hohe Prämien für einen Kassenwechsel zu gewähren. Aus diesem Grund versuchen sie, buchungsrechtliche Anforderungen durch die Einschaltung des Betreibers der Internetseite zu umgehen.

Und damit auch die in den 1998 beschlossenen gemeinsamen Wettbewerbsgrundsätzen der GKV-Aufsichtsbehörden festgelegte Obergrenze für Werbeausgaben zu überschreiten.

Durch "intensiven Dialog" mit den betroffenen Krankenkassen habe das Bundesversicherungsamt erreicht, dass ein Großteil der Krankenkassen die Kooperation mit solchen Internet-Portalen eingestellt haben. Allerdings: Bei wenigen noch fortgeführten Kooperationen zwischen Krankenkassen und Internet-Portalen seien aufsichtsrechtliche Mittel nicht ausgeschlossen, betont das BVA.

Eine Kasse hat Werbebudget um fast das Doppelte überschritten

Ausdrücklich betont das Amt, dass die Anforderungen über die des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb hinaus gehen. Begründet sei dies damit, dass die Ausgaben der Kassen aus Beiträgen von Versicherten und ihren Arbeitgebern finanziert werden.

Das verpflichte die Kassen zu wirtschaftlicher Mittelverwendung; der Wettbewerb müsse dem sozialen Auftrag der Krankenkassen angemessen sein. Die dazu beschlossenen Grundsätze werden allerdings nicht immer eingehalten.

So ergab die Prüfung des BVA 2013, dass eine Krankenkasse das zulässige Werbebudget mit rund einer Million Euro um fast das Doppelte überschritten hatte. Damit sei gegen das Gebot der Sparsamkeit und gegen die Wettbewerbsgrundsätze verstoßen worden. Pikant: Die betreffende Kasse hatte sich wiederholt einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschafft.

Stein des Anstoßes ist aber auch, dass Werbemaßnahmen und Aufklärungsaktivitäten buchungsmäßig voneinander abgegrenzt und den Bestimmungen des Kontenrahmens für die GKV verbucht werden müssen.

Bei den Prüfungen habe sich gezeigt, dass mehrere Krankenkassen Ausgaben für Werbung nicht unter dem dafür vorgesehenen Konto 7108 verbucht und somit ihre Gesamtausgaben für Werbung zu niedrig ausgewiesen hatten.

In einem Fall seien Vergütungen für Werbeagenturen in Höhe von 300.000 Euro unter dem Konto 7003 für Beschäftigungsentgelte, in einem anderen Fall Ausgaben für Werbebroschüren unter dem Konto 7100 (Geschäftsbedarf) falsch verbucht worden.

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