Transplantationsmediziner

Kein Licht am Horizont bei Organspenden

Transplantationsmediziner in Deutschland kämpfen mit gravierenden Schwierigkeiten bei der Versorgung von Patienten. Der Organmangel verschärft die Diskussion.

Von Nicola Siegmund-Schultze Veröffentlicht:

BONN. Die Zahlen zu postmortalen Organspenden aus den ersten drei Quartalen 2017 lassen wenig Positives erwarten: Die Zahl der transplantablen Organe wird höchstens das niedrige Niveau des Vorjahres erreichen, möglicherweise aber auch darunter liegen.

"Trotz der intensiven Bemühungen der an der Transplantationsmedizin Beteiligten inklusive der Politik ist die langersehnte Trendumkehr nicht in Sicht", sagte der Präsident der Deutschen Transplantationsgesellschaft (DTG), Professor Bernhard Banas von der Universität Regensburg, bei einer Pressekonferenz zur 26. Jahrestagung der DTG in Bonn. "Im Gegenteil: Wir haben einen besorgniserregenden Tiefstand."

Kein positiver Effekt

Die auch durch Gesetzesänderungen vorangebrachten Strukturveränderungen in der Transplantationsmedizin wie das Mehraugenprinzip bei der Listung von Patienten, eine intensivere Prüfung, ob die Zentren die Richtlinien einhalten oder die offene und breite Diskussion in der Fachöffentlichkeit über Erstellung und Änderungen von Richtlinien zur Organtransplantation – all dies seien richtige und wichtige Maßnahmen gewesen, sagte Banas.

Allerdings hätten sie bislang keinen positiven Effekt auf die Organspende gehabt.

Andere bei der Gesetzesnovellierung 2012 verabschiedete Regelungen wie die flächendeckende Einführung von Transplantationsbeauftragten, die positiv auf die Organspende wirken könnten, seien auch mehr als fünf Jahre nach der Gesetzesnovellierung noch nicht vollständig umgesetzt, heißt es in einem Bericht der DTG zur Lage der Transplantationsmedizin.

3,26 Organe pro Spender

Die Zahlen zur postmortalen Organspende, die die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) bis zum 3. Quartal 2017 ausweist, sind ernüchternd: Es gab 615 Organspender, denen 2004 transplantable Organe entnommen werden konnten, durchschnittlich 3,26 Organe pro Spender.

In den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres waren es 637 postmortale Spender gewesen mit 2 38 entnommenen Organen und bis Jahresende 2016 dann 857 Spender mit 2867 Organen. Dies war bereits ein steiler Abwärtstrend seit 2011 (1200 postmortale Spender mit 3917 transplantablen Organen).

Eine häufigere Ablehnung der Organspende durch die Bevölkerung kann kein triftiger Grund für die Veränderung sein. 2011 lag die Ablehnungsquote bei 26 %, im vergangenen Jahr aber nur bei 24 Prozent und dennoch hatte es vor sechs Jahren 343 postmortale Spender mehr gegeben als 2016 und 1050 Organe mehr.

Problem liegt in den Kliniken

"Das Problem liegt in den Kliniken, es werden uns weniger potenzielle Spender gemeldet", sagte Dr. Axel Rahmel vom Vorstand der DSO vor der Presse. "Arbeitsverdichtung in den Krankenhäusern, andere Behandlungsstrategien bei schwerer Hirnschädigung – das trägt zu den geringen Spendermeldungen bei."

Die DTG fordert eine gesamtgesellschaftliche Diskussion auch darüber, wie die wenigen Organe optimal und möglichst gerecht vergeben werden."Wir benötigen eine neue Diskussion über die Zuteilungskriterien für Organe", sagte Kongresspräsident Professor Christian Straßburg von der Universitätsklinik Bonn.

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