Gemeinsamer Bundesausschuss
Kein Zusatznutzen für Zolgensma erkannt
Der Gemeinsame Bundesausschuss bewertet ein Gen- und ein Zelltherapeutikum mit gegenläufigem Ergebnis. Qualitätsvorgaben für die Anwendung bündelt der GBA in einer Rahmenrichtlinie.
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„Im Sinne der Patientensicherheit sollen unsere Mindestanforderungen die besten Voraussetzungen dafür schaffen, dass eine Gen- und Zelltherapie möglichst erfolgreich verläuft“: der GBA-Vorsitzende Professor Josef Hecken.
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Berlin. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat zwei Wirkstoffe gegen sehr seltene, genetisch bedingte Erkrankungen bei Kindern mit unterschiedlichem Ergebnis bewertet.
Bei der Zelltherapie Libmeldy® (Atidarsagen autotemcel), die gegen die Stoffwechselstörung metachromatische Leukodystrophie (MLD) bei erkrankten, aber noch symptomfreien Kindern eingesetzt wird, erkannte der GBA einen erheblichen Zusatznutzen.
Befristeter Beschluss
Die Erkrankung betrifft in Deutschland jährlich ein bis drei Patienten. Der Wirkstoff durchlief als Orphan Drug das vereinfachte Nutzenbewertungsverfahren, da der Zusatznutzen vom Gesetzgeber – bis zu einer Umsatzschwelle von 50 Millionen Euro – als gegeben angenommen wird.
Der Bundesausschuss stellte in Bezug auf Bewegungsbeeinträchtigungen bei sehr frühem Behandlungsbeginn einen erheblichen Zusatznutzen fest. Der Beschluss ist allerdings befristet, da noch abschließende Auswertungen zu den vorgelegten Studien erwartet würden, heißt es. Die Kosten für die einmalige Anwendung des Zelltherapeutikums werden mit 2,8 Millionen Euro angegeben.
Das Gentherapeutikum Zolgensma® (Onasemnogen Abeparvovec) ist gegen spinale Muskelatrophie (SMA) zugelassen. Jährlich sind in Deutschland etwa 80 bis 120 Kinder von dieser genetisch bedingten Krankheit betroffen. Das erste Nutzenbewertungsverfahren war Ende 2020 eingestellt worden – die Umsätze hatten die Schwelle von 50 Millionen Euro überschritten, sodass das Orphan-Privileg entfiel. Beim anschließenden direkten Vergleich gegen die zweckmäßige Vergleichstherapie erkannte der GBA keinen Zusatznutzen.
Erneute Behandlung voraussichtlich 2027
Der Unparteiische GBA-Vorsitzende Professor Josef Hecken teilte mit, der Beschluss werde „mit großer Wahrscheinlichkeit“ nur vorläufig sein. Demnach werde der Bundesausschuss sich ab Sommer 2027 erneut mit Zolgensma® beschäftigen. „Dann haben wir hoffentlich Informationen aus dem Behandlungsalltag, um Aussagen zum langfristigen Zusatznutzen treffen zu können“, erklärte Hecken.
Mit dem Beschuss gingen keine Einschränkungen der Versorgung einher. Das Arzneimittel könne unter Einhaltung „der qualitätssichernden Standards weiterhin verordnet und eingesetzt werden“. Die Kosten für eine einmalige Anwendung werden mit 2,3 Millionen Euro beziffert.
Vorgaben für Gen- und Zelltherapien in einer Richtlinie
Ebenfalls am Donnerstag beschloss der Bundesausschuss, qualitätssichernde Mindestanforderungen für Gen- und Zelltherapien in einer neuen Rahmenrichtlinie zusammenzufassen. Da die Anwendung von Advanced Therapy Medicinal Products (ATMP) mit besonderen Risiken verbunden sein kann, legt der Bundesausschuss für Vertragsärzte und Krankenhäuser qualitätssichernde Anforderungen fest.
Die bestehenden Vorgaben für CAR-T-Zellen und Zolgensma® seien in die neue Richtlinie überführt worden. Diese berücksichtige auch erste Erfahrungen aus der Versorgungspraxis, berichtete Hecken. Dazu gehörten einzelne Strukturvoraussetzungen für Krankenhäuser oder die zeitliche Verfügbarkeit bestimmter Fachrichtungen während der Arzneimitteltherapie. (fst)