Krankenhausfinanzierung
Kinderärzte drängen auf Aus für DRGs
Kinder benötigen eine intensivere Betreuung und die anfallenden Sachkosten sind bei ihnen höher als bei Erwachsenen. Deshalb muss für Kinderstationen und -Kliniken schnell ein neues Finanzierungskonzept her, fordern Spezialisten. Sie sehen sonst die gute medizinische Versorgung der jungen Patienten in Gefahr.
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Vor allem die medizinische Versorgung von Säuglingen ist sehr viel zeit- du kostenaufwändiger als die eines Erwachsenen.
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Berlin. Kinderärzte drängen auf ein neues Finanzierungsmodell für die stationäre Versorgung der jungen Patienten. Vor allem die operative Kinder- und Jugendmedizin sei unterfinanziert und müsse auf den Prüfstand gestellt werden, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Kinderorthopäden, Kindertraumatologen und Kinderchirurgen. Einen ersten Hoffnungsschimmer sehen sie in der Bundesratsinitiative aus Mecklenburg-Vorpommern.
Der Aufwand für die Therapie bei Kindern werde in 95 Prozent der Fälle wie eine Behandlung von Erwachsenen berechnet. Dabei sei der Personalbedarf wesentlich höher und die Behandlung aufwändiger, weil Kinder mehr Geduld, mehr Pflege und individuelles Einfühlungsvermögen benötigten, heißt es. Das gelte vor allem für Neugeborene und Säuglinge. Auch die Zeit für aufklärende Elterngespräche ließen die DRGs unberücksichtigt.
Spezielle Ausstattung
Als weiterer Kostenfaktor komme die spezielle Ausstattung hinzu. Die benötigten Platten, Schrauben, Nägel und andere Implantate für Kinder seien wesentlich teurer. Ein Grund: Sie werden in viel kleinerer Stückzahl benötigt als bei Erwachsenen.
Die Idee des DRG-Systems, dass sich durch eine Mischung der Fälle ein Ausgleich ergebe, treffe nicht zu, da die Behandlung der Kinder ausnahmslos zeitaufwändiger und mit höheren Sachkosten verbunden sei.
Bedenklich ist aus Sicht der Kinderspezialisten, dass die Behandlung von Kindern und Jugendlichen nicht im Sinne einer Spezialisierung gebündelt, sondern von vielen Häusern aus Kostengründen miterledigt werde. Zudem seien in letzter Zeit gehäuft kinderchirurgische und -orthopädische Stationen verkleinert oder gar ganz geschlossen worden.
„Durch das systematische Kleinhalten von Fallzahlen aus wirtschaftlichen Gründen wird beispielsweise im Bereich der Kinderorthopädie eine Spezialisierung auf Kinder mit Krankheiten im Bereich des Bewegungsapparats systematisch verhindert“, kritisiert Professor Robert Rödl, erster Vorsitzender der DGOU-Sektion Vereinigung für Kinderorthopädie ((Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie).
Viele seltene Erkrankungen
Verschärft werde dieser Effekt dadurch, dass die über 400 verschiedenen kinderorthopädischen Erkrankungen fast alle seltene Erkrankungen seien. So behandele eventuell der einzelne Orthopäde und Unfallchirurg in seinem Leben nur dreimal die gleiche Diagnose und sei somit immer wieder vollkommen unerfahren.
„Das System sollte bieten, dass vor allen Dingen die Kinder mit seltenen Erkrankungen optimal von Kinderspezialisten behandelt werden“, fordert Rödl.
Hohe Vorhaltekosten
Das DRG-System müsse so angepasst werden, dass auf Kinder spezialisierte Zentren erhalten werden oder entstehen können. Die Orthopäden und Chirurgen schlagen deshalb eine direkte Kostenerstattung oder einen nach Alter gestaffelten Aufschlag für die Behandlung von Kindern vor. Ein neues Finanzierungsmodell müsste darüber hinaus die hohe Quote von Notfallaufnahmen berücksichtigen.
„Circa 20 Prozent in der Kindertraumatologie und -chirurgie sind planbare Eingriffe. Ansonsten haben wir es mit Notfällen zu tun. Hier müssen wir rund um die Uhr eingerichtet sein“, erklärt Professor Peter Schmittenbecher, stellvertretender Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie.
Das ziehe Vorhaltekosten für die ganze Alterspalette vom Kleinkind bis zum Jugendlichen nach sich. Auch in dieser Hinsicht müsse bei der Finanzierung nachgebessert werden, fordert Schmittenbecher.
Politische Unterstützung steigt
Mecklenburg-Vorpommern will eine Bundesratsinitiative zur besseren Finanzierung der Kinder und Jugendkliniken starten und die Fallpauschalen für diesen Bereich abschaffen. Die entsprechende Initiative soll bei der Bundesratssitzung am 18. September eingebracht werden.