Versorgungsstärkungsgesetz

Koalition spricht von "Geisterfahrt der KBV"

Der Hauptgegner des Versorgungsstärkungsgesetzes saß nicht im Bundestag: Bei der ersten Debatte des Gesetzentwurfs waren Koalitionspolitiker schlecht auf die KBV zu sprechen.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
"Es gibt doch keine Wartezeiten wegen der zehn Prozent PKV-Versicherten." Jens Spahn (CDU), Gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion

"Es gibt doch keine Wartezeiten wegen der zehn Prozent PKV-Versicherten." Jens Spahn (CDU), Gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion

© Wolfgang Kumm / dpa

BERLIN. Genesungswünsche für den grippekranken Gesundheitsminister: An diesem Punkt war der Konsens bei der ersten Beratung des Versorgungsstärkungs-Gesetzes (VSG) am Donnerstag im Bundestag am größten.

Doch die Schlachtordnung war ungewöhnlich, denn die schärfsten Pfeile flogen nicht zwischen Koalition und Opposition hin und her. Prügelknabe besonders für sichtlich ungehaltene Unionspolitiker war die KBV.

Nach Wahrnehmung gerade der CDU hat die oberste Standesvertretung der Vertragsärzte mit ihren Protesten den Bogen überspannt.

Die KBV befinde sich auf "standespolitischer Geisterfahrt", befand Karin Maag (CDU). Aus ihrer Sicht hat sich vor allem KBV-Vorstand Dr. Andreas Gassen "als Ansprechpartner disqualifiziert".

Abschreckend für junge Ärzte?

Die KBV solle die Nebenwirkungen ihrer Breitseiten gegen das VSG bedenken, die abschreckend auf junge Ärzte wirken könnten, die in der ambulanten Versorgung arbeiten wollen, befand Maag.

Keine bestehende Praxis werde "vom Netz genommen", sagte die Gesundheitspolitikerin mit Blick auf die umstrittene Aufkaufregelung in rechnerisch überversorgten Regionen.

Gemäßigter im Ton zeigte sich Sabine Dittmar (SPD), die selber als Hausärztin praktiziert hat. Die Zulassungsausschüsse würden sich den regionalen Bedarf genau anschauen. Beim Praxisaufkauf gebe es "keinen Automatismus oder eine Rasenmähermethode".

 Unverständlich sei ihr daher der "kollektive Aufschrei" der verfassten Ärzteschaft. Man dürfe nicht "die Augen verschließen" vor der Überversorgung, die es "zuhauf" gebe, sagte BMG-Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU), die für den erkrankten Minister Hermann Gröhe eingesprungen war.

Anders als ihre Standesvertretung wurde die Arbeit von freiberuflichen Vertragsärzten gelobt: Diese sei "ein Qualitätsmerkmal" der ambulanten Versorgung, befand Jens Spahn (CDU), gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion.

Terminservicestellen: "nette Idee"

Die Fraktion der Linken bezeichnete die geplanten Terminservicestellen als "nette Idee", die aber keine Probleme löse. Harald Weinberg gab als Motto "ran an die PKV" aus, die aus seiner Sicht als Vollversicherung abgeschafft werden sollte.

Die Linke sei in ihren "ideologischen Kästen" befangen, befand Spahn. Die zehn Prozent PKV-Versicherte seien nicht die Ursache für die Wartezeiten bei GKV-Versicherten.

Harald Terpe (Grüne) attestierte der Koalition einen "kleinmütigen gesundheitspolitischen Gestaltungsanspruch".

Die Grünen fordern in einem ordern in einem Antrag, den Kommunen eine stärkere Rolle bei der Planung, Steuerung und Gestaltung der Versorgung" zu ermöglichen. Auch plädieren sie dafür, die Aufgabenverteilung zwischen den Gesundheitsberufen neu zu gestalten.

Freilich wurden in der Debatte die mehr als nur haarfeinen Risse in der Koalition offenbar.

Mattheis erwähnte als Ziel der SPD auch die "paritätische Finanzierung der Mehrausgaben" durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer - das GKV-Finanzierungsgesetz der Koalition hat im Sommer vergangenen Jahres genau diese Parität ad acta gelegt.

Denn seit dessen Inkrafttreten gehen steigende Beitragssätze nur noch auf Kosten der Versicherten, der Arbeitgeberbeitrag hingegen ist eingefroren.

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 08.03.201518:36 Uhr

Lieber Dr. Wolfgang Bensch, schon etwa frech formuliert von Ihnen, Sie wollen damit doch nicht sagen,

daß Recht nur für Juristen gilt? Aber können Sie sich einen Nicht-Juristen als Justizminister vorstellen?
Ich will hier keine weiteren Parallelen zu Juristen ziehen, das wäre ganz sicher zu deren Nachteil.
Was mir vorschwebt ist selbstverständlich mehr Sachverstand, also auch eine medizinische Zielrichtung.
Mein Hinweis zeigt doch hier schon personell erhebliche Defizite.
Das ist in anderen Ländern wirklich wesentlich besser unabhängig von dem Gesamteinsatz ökonomischer Resourcen.
Wenn z.B. bei Ärzte ganz überwiegend unberechtigt "politisch" der Antibiotika-Einsatz permanent gerügt wird, aber der viel höhere in der Landwirtschaft nicht, da fragt man sich schon, ob es beim Gesundheitsministerium wirklich um Gesundheit geht. Beim Impfen sieht das Bild doch auch verdammt traurig aus, das kann auch nicht am Geld liegen, weil auch alle Osteuropäischen Länder da besser abschneiden, nicht nur Holländer und Skandinavien. So etwas ist "medizinische Orientierung" von Gesundheitspolitik. Ich hoffe es dämmert.

Dr. Wolfgang Bensch 08.03.201517:46 Uhr

Medizin nur für Mediziner? - Bayerl-Credo?

Demokratische Vorgehensweisen lassen sich nicht berufsspezifisch eingrenzen - was schwebt Kollege Bayerl denn da vor?

Dr. Wolfgang P. Bayerl 07.03.201516:12 Uhr

Auch Jens Spahn (CDU) ist kein Mediziner!

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Dr. Wolfgang P. Bayerl 07.03.201516:10 Uhr

Auch Annette Widmann-Mauz ist wie ihr Minister KEINE Medizinerin!

Und mit Ärzten will man nicht sprechen, wenn es um Medizin geht???

Dr. Wolfgang P. Bayerl 07.03.201516:02 Uhr

Frau Karin Maag (CDU), eine Rechtsanwältin wird hoffentlich nicht "die CDU" in Gesundheitsfragen sein!

Eine solche Wortwahl dokumentiert allerdings sowohl fachliche Unkenntnis wie fehlende Gesprächsbereitschaft.
Es geht immerhin um ein Gesetz für (oder gegen) Ärzte und nicht gegen Rechtsanwälte wie Frau Maag.

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