EU-Gesundheitsminister
„Kritische Arzneimittel“ wieder in Europa herstellen!
Jens Spahn (CDU) skizziert die Agenda für die deutsche Ratspräsidentschaft: Europa soll in der Gesundheitswirtschaft krisenfester werden – und Medikamente und Schutzausrüstung wieder selbst produzieren.
Veröffentlicht:Berlin. Die Produktion von „kritischen Arzneimitteln“ und Schutzausrüstung soll wieder nach Europa verlagert werden. Darauf haben sich die Gesundheitsminister der Europäischen Union am Freitag in einer Videokonferenz verständigt. „Es darf nicht in China entschieden werden, ob wir Schutzmasken für Pflegekräfte und Ärzte in Warschau, Amsterdam oder Berlin haben“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Anschluss in Berlin.
Stresstest für die EU
Die Pandemie sei ein Stresstest für die EU. „Wir haben gelernt, nur wenn wir zusammenstehen, können wir Gefahren abwehren“, sagte Spahn. Übersetzt heiße das, Europa müsse lernen, wieder unabhängiger zu werden und seine Rolle in der Welt neu zu definieren. Es sei eine „Schutz- und Innovationsgemeinschaft“, sagte Spahn. Es gehe darum, das richtige Maß an Globalisierung zu finden. Bei Schutzmasken und bestimmten Arzneien sei sichtbar geworden, dass Europa sich nicht komplett vom Weltmarkt abhängig machen dürfe, sagte Spahn.
Diese Produkte wieder in Europa zu produzieren werde nicht von heute auf morgen gehen. Das sei allen klar, sagte Spahn. Ziel sei, unabhängiger zu werden, vor allem für den Krisenfall. Das heiße zudem, eine europäische Reserve anzulegen.
Diese Themen sind bereits in das jüngst vorgestellte Gesundheitsprogramm „EU4Health“ für die Jahre 2021 bis 2027 eingeflossen. „EU4Health“ soll mit 9,4 Milliarden Euro ausgestattet werden und vor allem drei Zielen dienen: Das Krisenmanagement der Union verbessern; Arzneimittel, Medizinprodukte sowie andere krisenrelevante Produkte verfügbar machen und zu erschwinglichen Preisen anbieten.
Spahn fordert „Weltniveau“
Europa müsse darüber hinaus, wieder attraktiver für die Forschung werden. „Wir sehen in der Pandemie, wie wichtig es ist, in Wissenschaft und Wirtschaft auf Weltniveau mithalten zu können“, betonte der Minister. Zu den Rahmenbedingungen dafür gehöre, während der Ratspräsidentschaft den Aufbau eines Europäischen Gesundheitsdatenraums voranzutreiben. Dafür solle ein Code of Conduct vereinbart werden, um die Nutzung von Gesundheitsdaten klar mit der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSVGO) vereinbar zu machen.
Auf der Tagesordnung steht zudem, den europäischen Gesundheitsorganisationen mehr Schlagkraft zu verleihen. Das gelte sowohl für das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC), das Spahn gerne als „europäisches Robert-Koch-Institut bezeichnet“, als auch für die Europäische Arzneimittel Agentur (EMA). Diese Organisationen müssten auf Augenhöhe mit den US-amerikanischen Institutionen wie dem Center for Disease Control (CDC) und der Federal Food and Drug Administration (FDA) handeln können. „Das ist unser Ziel“, sagte Spahn.
Kommende Woche will Spahn die Corona Warn-App vorstellen. Es liefen bereits Gespräche über die Einrichtung von europäischen Schnittstellen für die Apps der einzelnen Länder, berichtete der Minister.