Klinikreform

Länderchefs sehen sich als Gewinner

Die Ressortchefs der Länder zeigen sich zufrieden mit den Ergebnissen der Bund-Länder-AG. Das verwundert nicht: Ihnen wurden Investitionspflichten erspart - und mehr Geld in Aussicht gestellt.

Von Rebecca Beerheide und Anno FrickeAnno Fricke Veröffentlicht:
Sprecher der unionsgeführten Ministerien: Stefan Grüttner (CDU).

Sprecher der unionsgeführten Ministerien: Stefan Grüttner (CDU).

© Arne Dedert/dpa

WIESBADEN/BERLIN. "Intensive Verhandlungen und am Ende stehen Veränderungen, die nicht mehr zurückgedreht werden können" - Stefan Grüttner, hessischer Gesundheitsminister und seit Jahren Sprecher der unionsgeführten Länderressortchefs, ist sichtlich zufrieden am Montag in der Landeshauptstadt Wiesbaden.

Am Freitag sind die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zur Klinikreform zu Ende gegangen. "Wir haben eine umfassende Strukturreform der Daseinsvorsorge geschaffen", und ein "hervorragendes Ergebnis" in einer "offenen und konstruktiven" Arbeitsatmosphäre erzielt, berichtet Grüttner.

Seit Mai diesen Jahres hatte eine 14-köpfige Runde aus Vertretern der Länder, der drei Regierungsfraktionen und des Bundesgesundheitsministeriums mehrfach getagt und sich auf die nun vorliegenden Eckpunkte geeinigt.

"Klare hessische Handschrift"

Grüttner stellte in Wiesbaden heraus, dass diese Eckpunkte auch eine "klare hessische Handschrift" tragen. Dies gelte beispielsweise für den künftigen Qualitätsindex, der seit 2011 im hessischen Krankenhausgesetz steht. Auch sieht Grüttner seine Idee der regionalen Holding-Strukturen für kleinere Kliniken bestärkt.

Einen weiteren Erfolg konnten die Länder verbuchen, da der Bund ihnen keine Investitionsquoten vorschreibt. Dies war im Vorfeld immer wieder ins Gespräch gebracht worden. "Wir haben argumentiert, dass mit einer Quote einige Länder nicht die Mittel aus dem Strukturfonds abrufen können", erklärte Grüttner auf Nachfrage.

Der Fonds, der mit 500 Millionen Euro aus dem Gesundheitsfonds sowie 500 Millionen Euro aus den Ländern gespeist werden soll, solle in drei Jahren evaluiert werden. Wenn Länder dann noch keine Mittel abgerufen haben, könnten die Mittel auch in andere Regionen fließen, so Grüttner weiter.

Als Gewinner der Bund-Länder-AG sieht sich auch Barbara Steffens (Grüne), Gesundheitsministerin in Nordrhein-Westfalen. Mit dem neu geschaffenen Strukturfonds würde nach NRW ein Anteil von 100 Millionen Euro für die Zusammenlegung von Abteilungen fließen können, hieß es in einer Mitteilung.

Auswirkungen erst in einigen Jahren sichtbar

Der hessische Minister warb um Verständnis, dass die Auswirkungen der Reform erst in einigen Jahren sichtbar würden: "Ich gebe die Prognose ab, dass es beispielsweise bei den Qualitätsindikatoren noch vier bis fünf Jahre dauern wird, bis sie vom GBA erarbeitet worden sind. Aber sie sind unumstößlich auf dem Weg, und es wird sich lohnen", so Grüttner.

Für Hessen würden aus dem Pflegestellenförderprogramm von insgesamt 660 Millionen Euro rund 46 Millionen Euro fließen. Das bedeute 900 Vollzeitstellen zusätzlich in der stationären Pflege.

Derzeit arbeiten in Hessen 22.000 Pflegevollzeitkräfte in Kliniken. In den Strukturfonds wird Hessen rund 35 Millionen Euro einzahlen und erwartet rund 70 Millionen mit denen neue Strukturen finanziert werden können.

Die Ergebnisse der Bund-Länder-AG werden von Bundesärztekammerpräsident Professor Frank Ulrich Montgomery kritisch begleitet. "Der Berg kreißt und gebiert eine Maus", spottete Montgomery. Gut sei, dass sich die Finanzierung der Kliniken künftig stärker an den tatsächlichen Kosten ausrichten solle.

Auch die Absicht, Kliniken mit weit ausgebauten Notfallstrukturen und die Universitäts- sowie Hochleistungsmedizin besser zu stellen, sei zu begrüßen. Kritik übte der Ärztepräsident aber am Umstrukturierungsfonds und den geplanten Qualitätszu- und -abschlägen sowie den vorgesehenen Qualitätskontrollmechanismen. Das sei "Symptombekämpfung".

Medizinische Versorgung nicht zum Nulltarif

Die Politik müsse einsehen, dass gute medizinische Versorgung nicht zum Nulltarif zu haben sei. Zu einer Qualitätsoffensive gehöre demnach auch eine qualitätssichernde Finanzierung. Krankenhäuser und Kostenträger brauchten dafür bei den Budgetverhandlungen höhere Ermessensspielräume.

Vor Tricksereien der Krankenhäuser warnte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Pflegemanagement Peter Bechtel. Es müsse sicher gestellt werden, dass die Kliniken nicht Stellen abbauten, um dann Mittel aus dem Pflegestellenförderprogramm zu generieren, die lediglich dazu dienten, bereits abgebaute Stellen wieder aufzufüllen.

Auch interne Quersubventionen defizitärer Bereiche aus dem Pflegeprogramm sollten ausgeschlossen sein, betonte Bechtel.

Die Koalition plant in den Jahren von 2016 bis 2018 rund 660 Millionen Euro für rund 6000 zusätzliche Pflegestellen auszugeben.

Dieses Geld solle, so betonte SPD-Fraktionsvize Professor Karl Lauterbach, "am Patientenbett ankommen", nicht in der Klinikverwaltung.

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