GKV-Finanzdaten für das erste Halbjahr
Mäßige Mehrausgaben, hohes Defizit bei Kassen
Minus 1,9 Milliarden Euro steht in der Bilanz der GKV nach dem ersten Halbjahr. Der Gesetzgeber und die Pandemie waren Regisseure der Entwicklung.
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1,9 Milliarden Euro Defizit weisen die Gesetzlichen Krankenkassen nach dem ersten Halbjahr auf. Das Ergebnis ist verzerrt durch Eingriffe des Gesetzgebers – und die Folgen der Corona-Pandemie.
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Berlin. Die Gesetzliche Krankenversicherung hat das erste Halbjahr mit einem Defizit von rund 1,9 Milliarden Euro abgeschlossen. Unter den Kassenarten verzeichnet das AOK-System mit 1,63 Milliarden Euro das höchste Minus. Das geht aus den offiziellen Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums hervor, die die Ergebnisse vorheriger Recherchen der „Ärzte Zeitung“ bestätigen.
Die Leistungsausgaben sind in den ersten sechs Monaten im Schnitt um 6,4 Prozent gestiegen. Nahezu im Rahmen des Durchschnitts liegt die Entwicklung der Ärztehonorare mit einem Plus von 6,8 Prozent. Die Ausgaben für Arzneimittel nahmen um vier Prozent zu, für Hilfsmittel waren es 5,9 Prozent (siehe nachfolgende Grafik).
Überdurchschnittliche Leistungsausgaben sind vor allem politisch verursacht: Die Heilmittelausgaben verzeichnen mit 23 Prozent einen starken Anstieg, hier wurden die Preise neu justiert. Beim Zahnersatz beträgt das Plus 22 Prozent – hier hatte der Gesetzgeber jüngst die Zuschüsse erhöht.
Unterdurchschnittlich hingegen fällt die Ausgabenentwicklung für stationäre Leistungen (5,7 Prozent), für Vorsorge und Reha-Maßnahmen (4,6 Prozent) sowie für Krankengeld (2,5 Prozent aus). Im Ergebnis standen Einnahmen der Kassen von rund 138,4 Ausgaben von rund 140,3 Milliarden Euro gegenüber.
Bei den Veränderungsraten müsse berücksichtigt werden, dass die Ausgabenzuwächse auf einem sehr niedrigen Ausgabensockel des ersten Halbjahres 2020 aufsetzen, so das Ministerium. Auch damals war die Entwicklung stark vom Lockdown als Folge der ersten Pandemie-Phase geprägt.
Als einzige Kassenart verzeichnet im ersten Halbjahr die Landwirtschaftliche Krankenkasse einen Überschuss in Höhe von 22 Millionen Euro. Das geringste Defizit fiel mit 14 Millionen Euro bei den Ersatzkassen an, gefolgt von der Knappschaft mit 18 Millionen Euro und den Innungskrankenkassen mit 25 Millionen Euro. Deutlich höher fielen hingegen die Ausgabenüberhänge der Betriebskrankenkassen mit 235 Millionen Euro aus (siehe nachfolgende Grafik).
AOK und vdek müssen zusammen 3,2 Milliarden Euro abführen
Bislang mussten die Kassen im ersten Halbjahr aus ihren Rücklagen etwa vier Milliarden Euro an den Gesundheitsfonds abführen, um das erwartete Defizit zu decken. Davon entfielen 2,1 Milliarden Euro auf das AOK-System und 1,1 Milliarden Euro auf die Ersatzkassen. Die Betriebskrankenkassen mussten zwangsweise rund 400 Millionen Euro beisteuern, das IKK-System 240 Millionen Euro und die Knappschaft knapp 100 Millionen Euro.
Der Gesundheitsfonds, der im Januar eine Liquiditätsreserve von 5,9 Milliarden Euro aufwies, verzeichnet zur Jahresmitte ein Defizit von 311 Millionen Euro.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bestätigte anlässlich der Veröffentlichung der Zahlen, dass erst dann über den ergänzenden Bundeszuschuss für die GKV entschieden wird, wenn im Oktober die Finanzprognose des Schätzerkreises vorliegt.
„Klar ist: Die Bundesregierung steht zur gesetzlichen Sozialgarantie“, sagte Spahn. Danach soll die Summe der Sozialabgaben der verschiedenen Sozialkassen unter 40 Prozent gehalten werden – derzeit sind es 39,5 Prozent.