Studie

Medikamenten-Reduktion bringt kaum Vorteile

Studie zu Patienten mit Polypharmazie: Medikamenten-Reduktion scheint nur wenige Effekte zu haben.

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DÜSSELDORF. Das Absetzen einzelner Arzneimittel bei Patienten mit Polypharmazie hat offensichtlich keine durchschlagenden Effekte auf ihren Gesundheitszustand. "Die Reduktion der Medikation post hoc ist schwierig und wahrscheinlich mit geringeren Vorteilen für die Patienten verbunden, als man erwarten könnte", sagte Professor Giuliano Piccoliori bei einer Veranstaltung auf dem 51. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin in Düsseldorf.

Der Direktor der Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin aus Bozen hat auf dem Kongress die zentralen Ergebnisse der kontrolliert randomisierten Studie PRIMA vorgestellt (Polypharmakotherapie: Reduktion von unangemessenen Medikamenten und unerwünschten Nebenwirkungen bei älteren Patienten nach Expertenevaluation).

In die Studie, die über drei Jahre gelaufen ist, waren 579 Patienten ab 75 Jahren einbezogen, die mehr als sieben Wirkstoffe in Dauertherapie einnahmen. Die Patienten kamen über ihre Hausärzte. 307 bildeten die Interventionsgruppe, 272 die Kontrollgruppe. Bei allen wurden die medikamentösen Dauertherapien von Pharmakologen nach der Beers-Liste und auf Interaktionen hin überprüft. Für die Interventionsgruppe haben ein Experte für evidenzbasierte Medizin, ein Internist und ein klinischer Pharmakologe dann Empfehlungen für die Hausärzte ausgearbeitet. Danach sollte bei 76,5 Prozent der Patienten mindestens ein Wirkstoff abgesetzt werden, 16 Prozent aller Arzneimittel sollten die Patienten nicht mehr einnehmen.

"Tatsächlich wurde nur bei 36 Prozent der Patienten mit unangemessener Medikation mindestens ein Wirkstoff abgesetzt", berichtete Piccoliori. Die Studie zeigt also, dass es offenbar schwierig ist, Hausärzte und Patienten von der Notwendigkeit zu überzeugen, auf Medikamente zu verzichten.

Was die Forscher nach seinen Angaben vor allem überrascht hat: Sie konnten entgegen den ursprünglichen Erwartungen bei Parametern wie der Morbidität, der Hospitalisierung, der Zahl der Stürze oder Frakturen, aber auch der Lebensqualität keine signifikanten Unterschiede zwischen Interventions- und Kontrollgruppe feststellen. "Wir können nicht ausschließen, dass eine höhere Umsetzung der Experten-Empfehlungen zu besseren Outcomes geführt hätte", sagte er.

Die PRIMA-Studie habe aber sehr wohl bestätigt, dass Polypharmazie bei älteren Patienten häufig vorkommt und ein großer Teil der Medikation unangemessen ist, betonte Piccoliori. (iss)

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