Einstellungswandel
Mehr Deutsche wollen weniger Abtreibungen
Die Deutschen sind Schwangerschaftsabbrüchen gegenüber kritischer seit der Wiedervereinigung, so eine aktuelle Studie. Dabei bleibt ein kultureller Unterschied zwischen Ost und West bestehen.
Veröffentlicht:Leipzig. Die Deutschen sehen Abtreibungen seit der Wiedervereinigung immer kritischer. Das hat eine Studie der Universität Leipzig ergeben (Geburtshilfe und Frauenheilkunde 2020; online 13. Januar). Demnach ist die Anzahl der Personen, die den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen teilweise oder ganz einschränken wollen, in den knapp zwei Jahrzehnten nach der Wiedervereinigung sowohl in West- wie Ostdeutschland angestiegen.
Die Leipziger Psychologen stellten fest, dass 1992 acht von zehn Ostdeutsche einen unbeschränkten Zugang unterstützt haben – 2012 waren es nur noch 55 Prozent. Auch in Westdeutschland wurden die Menschen intoleranter gegenüber Abtreibungen: Die Zahl der Unterstützer eines uneingeschränkten Zugangs fiel von 47 Prozent auf 30 Prozent im gleichen Zeitraum. Dagegen stieg der Anteil derjenigen, die einen eingeschränkten Zugang befürworten, in beiden Regionen an.
Ein kultureller Ost-West-Unterschied?
In der DDR war die staatliche Haltung zu Abtreibungen recht tolerant; ein Schwangerschaftsabbruch war bis zur zwölften Woche legal – erinnert eine Mitteilung zur Studie. Seit Mitte der 90iger gilt in Ost wie West allerdings ein gemeinsames Gesetz, das Abbrüche nur in den ersten drei Monaten nach einem Beratungsgespräch erlaubt. Al erklärung für den Meinungswandelt wirde in der Mitteilung eine Kriminalisierung von Abtreibungen – und Ärzten, die diese vornehmen – angeführt. Dies könnte dazu führen, dass die Einstellungen zu Abbrüchen negativ beeinflusst wird.
Grundlage der Untersuchung waren die repräsentativen Allgemeinen Bevölkerungsumfragen (ALLBUS) aus den Jahren 1992, 1996, 2000, 2006 und 2012 mit insgesamt 14.459 volljährigen Befragten. Die Daten wurden per latenter Klassenanalyse untersucht. (ajo)