Arzt-Infosystem

Mehr Fragen als Antworten

Die Anhörung im Gesundheitsausschuss offenbart: Beim geplanten Arztinformationssystem über neue Medikamente gibt es eine Kakofonie von Expertenmeinungen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Welche Informationen sollen Vertragsärzten via Praxisinformationssystem über neue Medikamente übermittelt werden – das ist strittig.

Welche Informationen sollen Vertragsärzten via Praxisinformationssystem über neue Medikamente übermittelt werden – das ist strittig.

© Doris Heinrichs / Fotolia.com

BERLIN. Das geplante Arzt-Informationssystem und der Schwellenwert für Umsätze von neuen Medikamenten – das waren zwei der Themen, die am Mittwoch im Mittelpunkt der Anhörung zum Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) im Bundestag gestanden haben.

Aus Sicht der Ärzte ist jede Information zu Arzneimitteln wichtig, sagte der Vorsitzende der KV Westfalen-Lippe Dr. Wolfgang-Axel Dryden. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion Maria Michalk wollte wissen, ob der Beschluss zur frühen Nutzenbewertung Ärzten allein als Information über die Wirtschaftlichkeit einer Verordnung ausreiche oder ob auch die Inhalte von Leitlinien in das Info-System einfließen sollten.

Nach Einschätzung von Dryden sind die Nutzenbewertungsbeschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) oft sehr komplex. Die in Leitlinien ausgesprochenen Empfehlungen gehörten daher zwingend zum Informationspaket dazu.

Leitlinien entwickelten sich erst in der Anwendung einer neuen Medikation und könnten die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung sogar ersetzen.

Aktualisierung alle zwei Wochen?

Widerspruch erntete Dryden vom GKV-Spitzenverband. Vorstandsvize Johannes Magnus von Stackelberg betonte, Leitlinien würden bisher schon in die Nutzenbewertungsbeschlüsse einfließen. Er forderte, eine Aktualisierung der Praxissoftware alle 14 Tage und nicht wie geplant einmal im Quartal vorzunehmen.

Gegen ein höheres Gewicht von Leitlinien im Arzt-Informationssystem sprach sich auch der unparteiischeGBA-Vorsitzende Professor Josef Hecken aus. Leitlinien könnten die frühe Nutzenbewertung nicht ersetzen. Hecken warnte auch vor der Einrichtung einer Clearingstelle, die bei strittigen Nutzenbewertungen angerufen werden soll.

"Eine Clearingstelle stellt die frühe Nutzenbewertung insgesamt in Frage", sagte Hecken. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zum AMVSG ein solches Gremium vorgeschlagen.

"Riesenbedenken", ob ein Arzt-Informationssystem vernünftig aufgesetzt werden könne, äußerte der Chef der AOK Baden-Württemberg Dr. Christopher Hermann. Gleichgültig, wie die Informationen aufbereitet werden sollten, stelle das System alle Beteiligten vor große Probleme.

Höhe des Schwellenwerts ist strittig

Sorgen bereitet der Ärzteschaft auch die technische Umsetzung. Der Verwaltungsaufwand sei nicht abzuschätzen, sagte der Geschäftsführer des Hausärzteverbands Eberhard Mehl.

Für das Arzt-Informationssystem plädierte der Chef des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch. "Wir wollen, dass bewertete Arzneien verordnet werden", betonte Litsch.

Beim Schwellenwert für die Umsätze neuer Wirkstoffe im ersten Jahr nach Marktzugang – geplant sind 250 Millionen Euro – schieden sich die Geister. Ab dieser Summe soll der Erstattungsbetrag rückwirkend gelten.

Der Pharmakologe Professor Ulrich Schwabe nannte die damit zu erzielende Einsparung einen "Tropfen auf den heißen Stein". Im Vorjahr hätten bei diesem Schwellenwert 140 Millionen Euro eingespart werden können.

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