AMNOG 2.0
Union will sich für Arztinformation stark machen
Für den Gesundheitspolitiker Michael Hennrich (CDU) hat das Arztinformationssystem Priorität bei der Novelle der frühen Nutzenbewertung.
Veröffentlicht:BERLIN. Bei der Diskussion über die Nutzenbewertung neuer Medikamente ist ein Perspektivwechsel nötig. "Die größte Bedeutung hat für mich die Frage, wie neue Medikamente in der Versorgung ankommen", sagt der CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich, Berichterstatter seiner Fraktion im Bundestag für die AMNOG-Novelle.
Das Thema sei bisher "immer nur unter dem Aspekt von Wirtschaftlichkeit, nicht aber unter Qualitätsgesichtspunkten diskutiert" worden, sagte Hennrich bei einer Tagung der "Interdisziplinären Plattform zur Nutzenbewertung" in Kelkheim bei Frankfurt. In dem Gremium diskutieren Fachleute unterschiedlicher Disziplinen über Fragen rund um die Nutzenbewertung neuer Wirkstoffe.
Hennrich hält deshalb ein Arztinformationssystem (AIS), wie es im Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) geplant ist, für wichtig. Dieses Informationssystem solle den Arzt dabei unterstützen, eine adäquate Therapieentscheidung zu treffen, erläuterte Hennrich. Dabei dürfe das AIS diese Entscheidung des Arztes nicht vorwegnehmen, seine Therapiefreiheit müsse erhalten bleiben, betonte er.
In den parlamentarischen Beratungen müsse die Grundsatzentscheidung getroffen werden, ob das AIS zentral oder dezentral aufgesetzt werden soll. Auf die Beteiligungsrechte von Verbänden und Interessengruppen müssten geklärt werden. Entscheidend für dessen Ausgestaltung sei die Frage, wie "tief" die Information reichen soll. Hennrich machte klar, dass es nicht darum gehen könne, nur die Nutzenbewertungsbeschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses "eins zu eins" im AIS abzubilden.
Arztinformation zentraler Bestandteil eines AMNOG 2.0
Nur wenn es mit dem Gesetz gelinge, diesen Informationstransfer hin zum Arzt gut aufs Gleis zu setzen, "können wir von einem AMNOG 2.0 reden", gibt er sich überzeugt. Hennrich zeigte bei den strittigen Fragen der AMNOG-Novelle klare Kante – wie etwa bei der Rückwirkung des Erstattungsbetrags. Bisher ist die Preisbildung im ersten Jahr nach der Marktzulassung frei. Hennrich votiert dafür, "den Erstattungsbetrag rückwirkend ab dem Zeitpunkt des GBA-Beschlusses gelten zu lassen". Das entspreche auch der Philosophie des AMNOG, "das Innovationen belohnen will". Positiv bewertet Hennrich den BMG-Vorschlag, die Vertraulichkeit des Erstattungsbetrags über eine Rechtsverordnung zu regeln. Freilich sei es angesichts der ablehnenden Haltung aus der SPD ungewiss, ob diese Verordnung noch in dieser Legislatur kommt.
Einen breiten Aufruf des Bestandsmarkts – der vor 2011 erstmals zugelassenen Medikamente – erteilt Hennrich eine Absage. Ziel der Union sei es, dass bei Wirkstoffen mit neuem Anwendungsgebiet eine erneute Bewertung nur für dieses Anwendungsgebiet vorgenommen werden sollte. Dabei würde ein neuer ATC-Code (Anatomisch-therapeutisch-chemisches Klassifikationssystem) als Aufgreifkriterium aus Sicht der CDU/CSU reichen.
Schon vor drei Jahren habe das theoretische Einsparpotenzial durch den Bestandsmarktaufruf bei maximal 280 Millionen Euro gelegen. "Dieser Betrag wird inzwischen nicht größer geworden sein". Die kumulierte Einsparsumme durch die Vereinbarung von Erstattungsbeträgen wird durch das IGES-Institut für das laufende Jahr auf 1,4 Milliarden Euro geschätzt.
Kein Dossier = keine Erstattung?
Für die wenigen Fälle, bei denen der pharmazeutischen Hersteller kein Dossier als Grundlage der frühen Nutzenbewertung einreicht, hat Hennrich einen klaren Regelungsvorschlag: "Wenn kein Dossier, dann keine Erstattung."Bei der Preisfindung zwischen dem Hersteller und dem GKV-Spitzenverband, die sich der Nutzenbewertung anschließt, plädiert der CDU-Politiker dafür, "mehr Flexibilität zu ermöglichen".
Bisher gilt beispielsweise: Bekommt ein neues Medikament keinen Zusatznutzen attestiert, darf der Erstattungsbetrag nicht zu höheren Jahrestherapiekosten als die wirtschaftlichste Therapiealternative führen. Hier schlägt Hennrich vor, die Formulierung "darf" im Gesetzestext durch ein "soll" zu ersetzen. "Eine Aufweichung der bisherigen Praxis sehe ich, anders als meine Kollegen in der SPD, hierdurch nicht", stellte er fest.