Kommentar
Mehr Pflegelohn – Ein heißes Eisen
Milliarden Euro an Mehrkosten rollen aufgrund der Ergebnisse der Pflegemindestlohnkommission auf die stationäre Altenpflege zu. Ausreichen wird das gleichwohl nicht, um sie im Wettbewerb mit anderen Berufen konkurrenzfähig aufzustellen. Wahrscheinlich müssen die Arbeitgeber in der Altenpflege nolens volens sogar mehr berappen, weil die künftig generalistisch ausgebildeten Pflegekräfte bei dem gegenwärtigen Gehaltsgefälle von um die 500 Euro im Monat das Krankenhaus als Arbeitsplatz vorziehen dürften. Abgesehen davon, dass der steigende Pflegebedarf teure Personalknappheit geradezu zwangsläufig mit sich bringt.
Das Mehr an Lohn schlägt sich unmittelbar in den Eigenanteilen der Bewohner von Pflegeheimen nieder. Das wissen die für die Pflege verantwortlichen Politiker der Koalition. Und sie reagieren prompt auf die Ergebnisse der Kommission.
Bis Mitte des Jahres schon will Gesundheitsminister Jens Spahn ein neues Finanzierungskonzept für die Pflegeversicherung vorlegen. Sie ist die einzige Sozialversicherung, die ohne Steuergeld auskommen muss. Ein mit dem gesamtgesellschaftlichen Auftrag der Pflege begründeter Zuschuss könnte helfen, die davongaloppierenden Kosten der Pflegebedürftigen zu dämpfen. Immer vorausgesetzt, die Eigenanteile werden auf einem tragbaren Niveau eingefroren oder ganz übernommen.
Die andere Möglichkeit ist, an der Beitragsschraube zu drehen. In den zurückliegenden beiden Legislaturen gingen zwei Erhöhungen um jeweils 0,5 Prozentpunkte (rund sieben Milliarden Euro) ohne spürbaren Unmut in der beitragspflichtigen Bevölkerung durch. Klappt das noch einmal?
2021 wird gewählt. Nach der Sommerpause schalten die Parteien allmählich auf Wahlkampfmodus. Die ältere Generation, die mit Pflegebedürftigkeit rechnen muss, hat großes politisches Gewicht. Man darf gespannt darauf sein, was die Politik dieser Gruppe und den Beitragszahlern anbieten wird.
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