„Schwierige Rahmenbedingungen“
Orthopädie und Unfallchirurgie drohen Versorgungsmängel
Die Berufsverbände fürchten, dass Orthopäden und Unfallchirurgen ihren Versorgungsauftrag künftig nicht mehr sicherstellen können. Überbordende Bürokratie und Fachkräftemangel erschwerten die Arbeit.
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Der Patient im Mittelpunkt: Aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie können Ärzte dies nicht immer umsetzen.
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Berlin. In den Bereichen Orthopädie und Unfallchriurgie drohen in den kommenden Jahren eklatante Versorgungsmängel: Darauf weisen Vertreter der entsprechenden Berufsverbände am Mittwoch im Vorfeld des des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) Ende Oktober hin.
Die Rahmenbedingung zur Erfüllung des Versorgungsauftrages erfolgten unter immer schwierigeren Bedingungen heißt es in einer Mitteilung von Mittwoch. So verhinderten überbordende bürokratische Prozesse und monetäre Vorgaben, dass der Patient wirklich im Mittelpunkt des ärztlichen Handelns stehen könne, heißt es.
Auch die mangelhafte Digitalisierung raube Zeit. „Empathie und Zeit sind nicht durch Organisation zu ersetzen“, sagt Professor Bernd Kladny, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU). „Damit wir auch in zehn Jahren noch unsere wichtige Rolle für die alternde Bevölkerung erfüllen können, müssen Über- und Fehlregulierungen abgebaut werden.“
Fachkräftemangel als drängendes Problem
Darüber hinaus stelle vor allem der Fachkräftemangel ein drängendes Zukunftsproblem dar. „Die Facharztausbildung zum Orthopäden/Unfallchirurgen dauert sechs Jahre und kann dennoch kaum die enorme Breite des Fachs abbilden“, so Kladny. „Hier gilt es, den enormen Zeit- und Personalaufwand der Weiterbildung adäquat abzubilden.“ Auch reduzierten neue Lebensmodelle und Wunsch nach mehr Teilzeit den potentiellen Personaleinsatz der Zukunft – dies gelte es bei der Planung künftiger Versorgung dringend zu beachten.
Als Problem sehen die beteiligten Ärzte auch die neue Medizinprodukteverordnung (MDR). Die darin enthaltenen neuen Anforderungen gelten auch für Bestandsprodukte, die seit Jahrzehnten erfolgreich eingesetzt werden, kritisieren sie.
Da für die Hersteller der Aufwand der Re-Zertifizierung in keinem Verhältnis zum Verkaufserlös älterer Produkte stehe, seien erste Produkte bereits nicht mehr verfügbar. „Schon bald können bewährte Endoprothesen, Nägel und Platten ganz vom Markt verschwinden“, warnt Professor Dietmar Pennig, stellvertretender Generalsekretär der DGOU.
Kritik an der Medizinprodukteverordnung
„In der Folge kann die Versorgung von Patienten mit Gelenkersatz nicht mehr auf dem bisherigen Niveau erbracht werden. Denn Operateure werden andere Implantate als bisher verwenden müssen, mit denen sie u.U. weniger Erfahrung haben und für die keine Langzeitergebnisse vorliegen. Außerdem werden wesentlich ausgedehntere Revisionseingriffe nötig, wenn für ältere Implantate keine Wechsel-Ersatzteile mehr verfügbar sind.“
Für langjährig bewährte Produkte seien die Vorgaben ethisch nicht vertretbar und wissenschaftlich nicht sinnvoll. Die DGOU fordert, unter Berücksichtigung der vorliegenden umfassenden Qualitätsdaten aus den bestehenden Endoprothesen- und Traumaregistern der Fachgesellschaften, eine deutlich erleichterte Freigabe für ältere Produkte und insgesamt eine Nachbesserung bei der Umsetzung der MDR.
Laut Mitteilung liegen in Deutschland Erkrankungen und Verletzungen des Bewegungssystems mit ca. 51,1 Mrd. Euro pro Jahr an dritter Stelle der Gesundheitsausgaben – direkt nach Herz-Kreislauferkrankungen und psychischen Störungen. (kaha)