Versorgungsgesetz
Protest-Komitee mischt Hamburg auf
Ärzte in Hamburg wollen Terminvermittlung und Praxisaufkauf nicht hinnehmen. Mit Flyern und einer Webseite wollen sie Patienten informieren.
Veröffentlicht:HAMBURG. Ein fachgruppenübergreifendes "Protest-Komitee der Hamburger Ärzte" macht unter dem Titel "Politik schafft Praxen ab" auf mögliche Auswirkungen des Versorgungsstärkungsgesetzes (VSG) aufmerksam.
Den Patienten soll verdeutlicht werden, dass die Versorgung trotz Termin-Servicestellen und Vier-Wochen-Regelung leiden würde.
Längere Wartezeiten, Einschränkung der freien Arztwahl, mehr Bürokratie und geringere Qualität - gegen diese von den Protestlern befürchteten Auswirkungen müsste die Bevölkerung eigentlich Sturm laufen.
Tatsächlich nimmt die Öffentlichkeit nach Wahrnehmung von Dr. Dirk Heinrich bislang aber kaum Notiz davon. Der HNO-Arzt macht deshalb als Vorsitzender des Protest-Komitees auf die Folgen aufmerksam.
"Es ist uns wichtig, den Patienten zu erklären, welche Folgen das VSG für die Versorgung mit sich bringt", sagt Heinrich, der auch Bundesvorsitzender des NAV-Virchowbundes und Vorsitzender der KV-Vertreterversammlung in Hamburg ist.
Heinrich befürchtet "von Staats wegen angeordnete Praxisschließungen und längere Wartezeiten", außerdem eine Einschränkung der freien Arztwahl und eine Verlagerung vom ambulanten in den stationären Sektor.
Damit die Patienten über die Auswirkungen informiert sind, hat das Protestkomitee den Hamburger Ärzten Flyer und Plakate zur Verfügung gestellt und eine Website eingerichtet, auf der die befürchteten Konsequenzen beschrieben sind.
Außerdem wurde eine Unterschriftenaktion unter Patienten gestartet. Außer Heinrich sind die Allgemeinmedizinerin Silke Lüder, der Kinderarzt Dr. Stefan Renz und die psychologische Psychotherapeutin Hanna Guskowski Mitglieder des Protest-Komitees.
Alle sind in der KV-Vertreterversammlung und in ärztlichen Verbänden aktiv und haben zum Teil schon in früheren Protestaktionen in der Hansestadt zusammengearbeitet.
In Hamburg müsste bei konsequenter Umsetzung des Gesetzentwurfs jede dritte Praxis aufgekauft werden, was aber als unwahrscheinlich eingestuft wird.
Dennoch ist der Protest aus Sicht Lüders erforderlich, weil sich sonst künftig viele Patienten in Klinik-Notaufnahmen wiederfinden würden - "bei stundenlangen Wartezeiten und schlechterer medizinischer Versorgung", wie Lüder befürchtet.
In der psychotherapeutischen Versorgung drohen laut Guskowski eine Verschlechterung und "unerträglich lange Wartezeiten". "Um einen Platz bei einem privaten Therapeuten zu erhalten, kommt sehr viel bürokratischer Aufwand auf ohnehin labile Menschen zu."