Debatte um versäumte Impftermine
Regierung sieht keine Strafen für Corona-Terminschwänzer vor
Immer mehr Menschen sagen COVID-19-Impftermine in Praxen oder Zentren nicht ab. Ärzte sprechen sich für Aufklärung aus und lehnen Bußgelder für nicht abgesagte Impftermine ab. Die Regierung pflichtet bei.
Veröffentlicht:Berlin. Die Bundesregierung sieht keine Strafen für Impftermin-Schwänzer vor. Darauf hat Regierungssprecher Steffen Seibert in einer Pressekonferenz am Montag hingewiesen.
In den vergangenen Tagen war bekannt geworden, dass der Druck in den Impfzentren allmählich nachlässt. Zum einen liege das daran, dass die Über-60-Jährigen inzwischen weitgehend geschützt seien. Zum anderen aber auch daran, dass es immer mehr Menschen gebe, die ihre Termine ohne abzusagen sausen ließen, beklagten Vertreter der Länder.
Landkreistag gegen Sanktionen
Der Deutsche Landkreistag sprach sich gleichwohl gegen Sanktionen aus. Das Verhalten sei zwar unsolidarisch, aber es wäre unangemessen, in diesen Fällen mit der „ordnungspolitischen Keule“ zu kommen. „Anstatt über Strafen nachzudenken, sollten wir uns überlegen, was wir tun können, um die Impfbereitschaft weiterhin hochzuhalten?“, erklärte Landkreistagspräsident Reinhardt Sager im Gespräch mit der „Welt“.
Zuvor hatten Vertreter der Regierungsfraktionen Union und SPD Strafen gefordert. Die Impftermin-Schwänzer verursachten einen Schaden, sagte Unionsfraktions-Vize Thorsten Frei (CDU) im „ARD-Morgenmagazin“. Schließlich werde in den Impfzentren Personal vorgehalten. Für diesen Schaden sollten die Verursacher mit 30 bis 50 Euro aufkommen müssen, forderte Frei. Auch der SPD-Gesundheitsexperte und Arzt Professor Karl Lauterbach schlug sich auf die Seite derer, die Strafen forderten.
Dahmen: „Strafe ist falsch“
Der Abgeordnete der Grünen und Notarzt Janosch Dahmen sagte dagegen, als Arzt wolle er nicht mit Strafen drohen. Es gehe um Überzeugungsarbeit. Die Menschen sollten wissen, dass erst die Corona-Zweitimpfung vor der Ansteckung mit der grassierenden Delta-Variante schütze. „Strafe ist falsch“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Marco Buschmann der „ARD“. Impfen sei ein medizinischer Eingriff. Die Einwilligung der Menschen werde dafür gebraucht.
Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Andreas Gassen, warb um die Akzeptanz der Menschen. Ab September, wenn alle Impfwilligen ein Impfangebot erhalten hätten, sollten alle Auflagen für Geimpfte fallen, forderte Gassen. Das sei wichtig, um die „Impfmoral“ hochzuhalten, sagte Gassen der „Bild“.
Justizministerin hält an Pflichten fest
Der Sprecher des Justizministeriums, Maximilian Kall, goss Wasser in den Wein. Die Maskenpflicht gelte weiter, sagte er am Montag vor der Bundespressekonferenz. „Es lässt sich nicht immer kontrollieren, wer geimpft ist und wer nicht“, so Kall.
„Impftermine sind wertvoll, und es ist wichtig, dass sie genutzt werden“, sagte Regierungssprecher Seibert. Niedrige Inzidenzen bedeuteten nicht, dass die Gefahr vorbei sei. Dennoch gebe es keine Pläne für Strafzahlungen für Menschen, die ihre Termine nicht wahrnähmen.