Krankenkassen

Steuergeld pimpt die GKV-Rücklagen kurzfristig auf

Die Rücklagen der Sozialversicherungen werden durch die Corona-Pandemie extrem strapaziert. Strukturell am größten sind die Probleme bei der Pflegeversicherung.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Jeder Reserve-Euro zählt: In Pandemie-Zeiten schmelzen die Rücklagen von GKV und Pflegeversicherung. Hinzu kommen strukturelle Probleme bei der Finanzierung der Pflege.

Jeder Reserve-Euro zählt: In Pandemie-Zeiten schmelzen die Rücklagen von GKV und Pflegeversicherung. Hinzu kommen strukturelle Probleme bei der Finanzierung der Pflege.

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Berlin. Die Pflegeversicherung ist mit Blick auf die Rücklagen das Sorgenkind unter den Sozialversicherungen. Die Pflegekassen verfügten Ende 2019 über Geldanlagen in Höhe von 300 Millionen Euro, die aber nicht kurzfristig liquide gemacht werden können. Angesichts voraussichtlicher Mehrausgaben der Pflegekassen in diesem Jahr von 2,3 Milliarden Euro sowie Mindereinnahmen von einer Milliarde Euro wäre die Untergrenze von einer Monatsausgabe im Spätsommer unterschritten worden. Das erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen.

Mitte Juni hat daher das Bundeskabinett in einer „Sozialgarantie“ beschlossen, dass der Bund einen Zuschuss an den Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung von 1,8 Milliarden Euro zahlt. Für die Gesetzliche Krankenversicherung wird der jährliche Bundeszuschuss von bisher 14,5 Milliarden Euro in diesem Jahr um 3,5 Milliarden Euro aufgestockt, die an den Gesundheitsfonds überwiesen werden.

Keine valide Prognose möglich

Allerdings dürfen die strukturellen Probleme der Pflegefinanzierung damit nicht beseitigt sein. Zusätzlich jeweils 100.000 ambulant zu versorgende Pflegebedürftige schlagen nach Angaben der Regierung mit zusätzlichen Leistungsausgaben von 870 Millionen Euro zu Buche. Müssen diese Pflegebedürftigen stationär versorgt werden, dann müssen dafür zusätzlich 2,11 Milliarden Euro aufgewendet werden. Auch reformbedingt ist die Zahl der Leistungsempfänger von 2,8 (2015) auf knapp 3,7 Millionen Versicherte (2018) gestiegen.

In der GKV sieht die Situation vergleichsweise stabil aus: Ende März addierten sich die Finanzreserven auf 18,3 Milliarden Euro, das entspricht 83 Prozent einer durchschnittlichen Monatsausgabe. Im Gesundheitsfonds müssen nach gesetzlicher Vorgabe 20 Prozent einer Monatsausgabe gebunkert sein, das sind im laufenden Jahr rund 4,3 Milliarden Euro. Zwar werde diese Reserve deutlich abschmelzen. Ob sie aber zum Stichtag 15. Januar 2021 unter der Mindestmarge liegt, könnte „zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht valide prognostiziert werden“, heißt es.

Reserven vorzeitig locker machen

In den Monaten März und April ist es im Gesundheitsfonds zeitweise zu Verzögerungen bei den Auszahlungen gekommen. Grund waren die Entnahmen aus dem Fonds zur Refinanzierung neu geschaffener Intensivbetten sowie für Ausgleichszahlungen pandemiebedingter Einnahmeausfälle. Hinzu kam, dass der Fonds Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser vorfinanzieren musste, die dann erst im April vom Bund erstattet wurden.

Inzwischen hat das zuständige Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS, vormals BVA) versucht, den Puffer im Fonds zu vergrößern. Seit März 2016 seien regelmäßig 160 Millionen Euro in Termingeldern angelegt worden, um Negativzinsen, die zulasten der Beitragszahler gehen würden, zu vermeiden. Die seit März dieses Jahres auslaufenden Termingeldanlagen werden nicht wieder neu investiert. Zudem versucht das BAS derzeit, die noch bestehenden Geldanlagen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro vorzeitig aufzulösen.

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