Nach Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Triage-Urteil: Sozialverbände fordern Schutzregeln auch für ältere Menschen
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Triage werden Rufe laut, auch den Schutz von Senioren zu regeln. Eine Benachteiligung allein wegen des Alters sei unbedingt zu vermeiden.
Veröffentlicht:Berlin. Nach dem Triage-Urteil des Bundesverfassungsgerichts drängen Sozialverbände auf eine Ausdehnung der geplanten Schutzregelungen auf ältere Menschen. Der Vorsitzende des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA), Helmut Kneppe, sagte am Mittwoch in Berlin, das Karlsruher Urteil biete die Möglichkeit, etwas mehr Rechtssicherheit für die Beteiligten zu schaffen.
Urteil des Verfassungsgerichts
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Gleichzeitig stellten sich über den Schutz der Menschen mit Behinderung vor Benachteiligung hinaus weitere Fragen, sagte Kneppe. So sei etwa zu klären, ob dieser Schutz nicht auch für ältere Menschen geregelt werden müsse. „Denn auch bei älteren Patienten könnte es bei einer Priorisierung in einer Triage-Situation allein aufgrund des Alters zu einer Benachteiligung kommen“, gab Kneppe zu bedenken. Das Alter sei aber bei der Aufzählung möglicher Diskriminierungsmerkmale im Artikel 3 Grundgesetz bisher nicht genannt.
Bentele: Urteil drückt kein Misstrauen gegenüber Ärzten aus
Die Präsidentin des Sozialverbands Deutschland VdK, Verena Bentele, sagte am Mittwoch im „Deutschlandfunk“, das Urteil zwinge den Gesetzgeber, das Thema Triage erneut zu diskutieren und eine Entscheidungsgrundlage für Ärzte zu schaffen. Viele Menschen, gerade jene mit Behinderungen, seien in der Pandemie verunsichert, ob sie bei knappen intensivmedizinischen Behandlungsressourcen noch hinreichende medizinische Unterstützung bekämen.
Reaktionen auf Triage-Urteil
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Verunsichert seien aber auch ältere Menschen, betonte Bentele. Daher müsse es bei der jetzt anstehenden Ausgestaltung des Triage-Urteils auch um die Rechte und Belange älterer Menschen gehen. „Das werden wir als größter Sozialverband in jedem Fall einfordern.“
Das Karlsruher Urteil drücke kein Misstrauen gegenüber Ärztinnen und Ärzten aus, zeigte sich Bentele überzeugt. Vielmehr gehe es darum, die Mediziner bei Entscheidungen zu unterstützen, „die sie auch brauchen in Stresssituationen“, sagte die VdK-Präsidentin.
Kommentar zum Verfassungsgerichtsurteil
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Die Richter des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hatten am Dienstag entschieden, dass der Gesetzgeber Sorge dafür tragen müsse, dass Menschen mit Behinderung bei der Verteilung pandemiebedingt knapper intensivmedizinischer Behandlungsressourcen nicht benachteiligt werden dürfen. Bundesjustizminister Marco Buschmann hatte daraufhin erklärt, die Ampel-Koalition wolle rasch einen Gesetzesvorschlag auf den Tisch legen.