Corona-Tests
Viele Fragezeichen bei Test-Pflicht für Reiserückkehrer
Die Gesundheitsminister wollen verpflichtende Tests für Reisende aus Risikoländern. Für den BÄK-Chef ein probates Mittel, eine zweite Corona-Welle zu verhindern. Andere sind skeptischer. Und ein Virologe sieht es ganz pragmatisch.
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Mit Maske und Abstand: Und an Deutschlands Flughäfen bald noch mit Abstrichzentrum?
© Christoph Soeder / dpa
Berlin. Die geplante Pflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten, sich auf das Coronavirus testen zu lassen, hat gemischte Reaktionen hervorgerufen. Während der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Klaus Reinhardt, die Tests an Flughäfen befürwortete, kam Kritik unter anderen vom Bayreuther Medizinethiker Professor Eckhard Nagel.
Die verpflichtenden Tests wollen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern am Freitag beschließen. Bereits am Mittwochabend hatten sie sich im Grundsatz auf dieses Vorgehen verständigt. Gelten soll die Pflicht für alle Rückkehrer aus Ländern, die das Robert Koch-Institut (RKI) als Risikogebiet einstuft. An den Flughäfen sollen Teststellen eingerichtet werden.
Derzeit listet das RKI 130 Staaten, darunter auch die USA, die Türkei, aber auch Luxemburg als Risikogebiete auf. Schon heute gelten in den Bundesländern Vorschriften, dass Reisende aus diesen Ländern 14 Tage in häusliche Isolation müssen – allerdings wird das oft schlicht nicht geprüft oder die Betroffenen wissen es schlicht nicht.
Am Freitag wollen die Minister auch über die Finanzierung entscheiden. Möglich ist auch, dass sie weitere Maßnahmen beratschlagen, wie sich Quarantänen besser durchsetzen lassen.
BÄK-Chef Reinhardt: Test für jeden aus einem Hotspot
„Testzentren an Flughäfen können helfen, eine zweite Coronawelle nach den Sommerferien zu verhindern“, sagte BÄK-Präsident Reinhardt am Donnerstag. „Jeder, der aus einem Corona-Hotspot zurückkommt, sollte sich testen lassen. Auch wenn das nur eine Momentaufnahme ist, wir müssen die Infektionsketten so früh wie möglich unterbrechen.“
Der Medizinethiker Professor Eckhard Nagel bezeichnete punktuelle Tests an Flughäfen hingegen als „Placebo-Aktion“. „Einfach ein Test am Flughafen hilft uns da nicht“, sagte er am Donnerstag im „Deutschlandfunk“ mit Blick darauf, neue Corona-Hotspots zu verhindern. „Wenn man bedenkt, dass ich mich vielleicht im Flugzeug angesteckt habe, dann ist ein Test direkt nach dem Flug unsinnig“, sagte er. Vielmehr müsse eine weitere Teststruktur aufgebaut werden, mit der Reisende auch später getestet werden können.
Dahinter steckt das Problem der Latenz und Inkubationszeit, die im Median fünf Tage dauert. Laut Nagel könne Bayerns Strategie Modellcharakter haben, „nämlich möglichst überall Tests anzubieten und das zu jeder Zeit“. „Denn sobald eine Unsicherheit entsteht, kann hier zum Beispiel auch zehn Tage nach einem Flug dann ein Test durchgeführt werden.“

© Ärzte Zeitung
Virologen Schmidt-Chanasit: „Vollkommen positiv!“
Hausärzte hatten den Nutzen der bayerischen Strategie dagegen wiederholt in Zweifel gezogen. So befürchtete der Münchner Allgemeinmediziner Dr. Hannes Blankenfeld im „ÄrzteTag“-Podcast, Urlauber könnten die Praxen überfluten.
Der Ingolstädter Hausarzt Dr. Anton Böhm will hingegen gar keine Urlauber testen. Tests direkt nach der Ankunft im Heimatland bezeichnete er als „Augenwischerei“, denn Infizierte könnten noch asymptomatisch sein, der PCR-Test falsch-negativ ausfallen. Er forderte im „ÄrzteTag“-Podcast, alle Reiserückkehrer sollten mindestens fünf Tage in Quarantäne gehen, bevor sie sich testen lassen.
Anders der Virologe Professor Jonas Schmidt-Chanasit vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut. Er sieht die geplanten Tests „vollkommen positiv“, sagte er der „Ärzte Zeitung“. „Allen sind die Einschränkungen klar, dass es keine absolute Sicherheit gibt und das Testergebnis nur eine Momentaufnahme ist.“ Aber dieses werde eine „zusätzliche Sicherheit bieten“.
Flughafen-Mitarbeiter nicht zu Tests befugt
Direkt an den Flughäfen könnte Fachpersonal mit den Rückkehrern reden und Risikopersonen identifizieren. „Bei denen kann man sagen: Lassen Sie sich noch einmal nach einer Woche testen und bleiben Sie besser fünf Tage zu Hause.“
Technisch, sagt er, „gibt es so viele Möglichkeiten“ die geplante Teststrategie an den Flughäfen umzusetzen. Sogar so, dass Reisende bestenfalls binnen einer Stunde einen Befund erhalten. Wichtig ist laut Schmidt-Chanasit, dass die Tests „unkompliziert und kostenlos“ für die Reisenden sind.
Offen Fragen sehen derweil auch die deutschen Flughäfen. „In jedem Fall gilt: Sollten die Gesundheitsbehörden einen Schnelltest anordnen, müsste dieser von den Behörden durchgeführt werden“, erklärte die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen. Flughafenmitarbeiter seien nicht befugt, Passagiere auf ihren Gesundheitsstatus hin zu überprüfen.
„Auch muss dann festgelegt sein, wie mit positiv geprüften Reisenden umgegangen werden soll.“ (Mit Material von dpa)