Bundeskabinett
Weg frei für Gentests an Embryonen
Das Bundeskabinett hat Bahrs Verordnung zur Präimplantationsdiagnostik durchgewunken: Somit sollen Gentests an Embryonen unter bestimmten Umständen erlaubt sein. Im Bundesrat formiert sich aber schon Widerstand.
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Befruchtete Eizelle. Die Verordnung zur Präimplantationsdiagnostik ist beschlossen. Der Streit geht dennoch weiter. Jetzt entscheiden die Länder.
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BERLIN. Die Ministerrunde um Angela Merkel hat am Mittwoch die von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vorgelegte "Verordnung zur Regelung der Implantationsdiagnostik" (PIDV) beschlossen. Damit hat die Regierung eine Vorgabe des Gesetzes zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik umgesetzt.
Noch ist die PID damit aber nicht in trockenen Tüchern. In den Ländern regt sich Widerstand. Die Verordnung gehe über die vom Bundestag gezogenen gesetzlichen Grenzen hinaus, heißt es aus Länderkreisen.
In die gleiche Kerbe hieb auch die ehemalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt. "Die Rechtsverordnung widerspricht dem Willen des Gesetzgebers", sagte die SPD-Politikerin der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post".
Flach: Verordnung schafft Rechtssicherheit
Auf das PID-Gesetz hatte sich der Bundestag nach langem Ringen zwischen überfraktionellen Bündnissen im Juni 2011 geeinigt. Kern des Gesetzes ist ein grundsätzliches Verbot der Präimplantationsdiagnostik.
Nur in wenigen Ausnahmefällen soll es Paaren erlaubt sein, ihren Kinderwunsch mittels Gentests an Embryonen zu erfüllen. Die Verordnung schaffe Rechtssicherheit, sagte Gesundheitsstaatssekretärin Ulrike Flach (FDP) am Mittwoch.
Sie sei eine Lösung für Paare, in deren Familien schwere erbliche Schäden aufträten und die sich ein gesundes Kind wünschten.
Die aktuelle Kritik entzündet sich nun vor allem daran, dass die Verordnung die Zahl der Zentren für Präimplantationsdiagnostik nicht beschränkt. Dies lässt die PID-Gegner argwöhnen, dass der Verordnungsentwurf eine breite Anwendung der Gentechnologie möglich mache.
"Wir gehen nicht davon aus, dass die PID-Zentren nun wie Pilze aus dem Boden schießen," sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums der "Ärzte Zeitung". Es gebe einfach nicht so viele Fälle, als dass ein unbegrenzter Markt entstehen könne.
Die Zentren zulassen müssen ohnehin die Länder selbst. Die Verordnung gibt eine Reihe von Anforderungen an die Qualifikation des Personals, an die sachliche Ausstattung und an die zu erbringenden Akkreditierungen vor.
Ganz hat das Ministerium dem Braten nicht getraut und einen Kontrollmechanismus in die Verordnung eingebaut. Eine beim Paul-Ehrlich-Institut angesiedelte Zentralstelle soll alle Fälle von PID dokumentieren.
So sollen "Trends in Bezug auf eine mögliche Ausweitung der Präimplantationsdiagnostik erkannt werden", teilte das BMG am Mittwoch mit.
Ethikkommissionen sollen Anträge prüfen
Ein weiterer Kritikpunkt sind die Ethikkommissionen, die jeden Antrag einer Frau auf PID bewerten sollen. Die Ethikkommissionen sollen sich aus vier Ärzten, jeweils einem Ethiker und einem Juristen sowie je einem Patientenvertreter zusammensetzen.
Diese Kommissionen einzurichten soll ebenfalls Ländersache sein, möglicherweise aber auch länderübergreifend geregelt werden können.
Kritiker fürchten, eine hohe Zahl von Kommissionen schaffe einen Flickenteppich unterschiedlicher ethischer Maßstäbe.
Da Paare bei mehreren Kommissionen vorstellig werden können, bestehe die Gefahr eines Wettbewerbs um die liberalste Auslegung der Vorschriften, sagten Behindertenvertreter.
Der Bundesrat muss der Verordnung noch zustimmen. Die Länderkammer kann der Regierung Änderungsvorschläge unterbreiten.
Käme es darauf hin zu keiner Einigung, könnte die Verordnung nicht in Kraft treten. Ein Vermittlungsverfahren ist in diesem Fall nicht vorgesehen.