Krankenkassen

Wucherzinsen adé

Die Bundesregierung springt säumigen GKV-Beitragszahlern zur Seite - und kappt die hohen Zinsen. Für die Nichtzahler in der PKV sieht sie einen Notlagentarif vor.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Die Krankenkassen fehlen rund 2,15 Milliarden Euro, weil freiwillig Versicherte ihre Beiträge nicht bezahlen.

Die Krankenkassen fehlen rund 2,15 Milliarden Euro, weil freiwillig Versicherte ihre Beiträge nicht bezahlen.

© niehoff / imago

BERLIN. Die Bundesregierung will das Abrutschen in die Schuldenfalle bremsen: Künftig sollen säumige Beitragszahler in der gesetzlichen Krankenversicherung monatlich nur noch ein statt bisher fünf Prozent Zinsen im Monat zahlen.

Das Kabinett hat am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzentwurf abgenickt.

Die Regelungen sollen für freiwillig Versicherte sowie für Nicht-Versicherte in der GKV gelten. Für säumige Pflichtversicherte gilt bereits eine entsprechende Lösung.

Der erhöhte Säumniszuschlag habe in der Vergangenheit das Problem der Beitragsrückstände eher verschärft, sagte Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP).

Die etwa 100.000 Betroffenen hätten zum Teil enorme Beitragsschulden angehäuft. Ziel sei es, dass die Versicherten nach Zahlung der ausstehenden Beiträge wieder in ihre ursprünglichen Tarife zurückkehren können.

Laut GKV-Spitzenverband beträgt die Summe der Rückstände der freiwillig Versicherten etwa 2,15 Milliarden Euro.

Notlagentarif in der PKV

Darüber hinaus wird ein Notlagentarif in der PKV eingeführt. Dort gibt es Schätzungen zufolge branchenweit etwa 144.000 Nichtzahler. Die Außenstände in der PKV betragen nach Verbandsangaben 745 Millionen Euro.

Gerade Selbstständige könnten in eine finanzielle Schieflage geraten, so Bahr. Sie könnten künftig übergangsweise in den Tarif mit einer deutlich niedrigeren Prämie wechseln.

Die Rede ist von bis zu 150 Euro im Monat. Dieser decke dann nur Behandlungen bei akuter Erkrankung sowie Leistungen bei Schwangerschaft ab. Währenddessen ruhe der bisherige Versicherungsvertrag, so Bahr.

Kritik vom GKV-Spitzenverband

Kritik an dem Gesetzentwurf kam seitens der Opposition: "Es fehlt eine Lösung für die Altschulden", sagte Grünen-Politikerin Birgitt Bender der "Ärzte Zeitung".

Wer bereits auf einem Schuldenberg sitze, müsse einmalig die Möglichkeit zu einem Neustart ohne Schulden bekommen.

Bahr widersprach: "Die angesammelten Schulden sollten nicht einfach gestrichen werden."

Er setze vielmehr auf die Bereitschaft der Krankenkassen, eine Kulanzregelung zu finden. Es müsse eine praktikable Lösung gefunden werden, damit die Betroffenen mit hohen Beitragsschulden in die Versicherung zurückkehren könnten.

Der GKV-Spitzenverband kritisierte diesen Vorstoß.

"In Einzelfällen helfen die Krankenkassen bereits heute. Eine generelle Regelung muss jedoch der Gesetzgeber treffen und dann darf man die finanziellen Folgen auch nicht bei den Krankenkassen abladen", sagte Verbandssprecher Florian Lanz.

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Kommentare
Carsten Windt 11.04.201307:37 Uhr

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht...

Die Idee einer Versicherungspflicht war und ist erstmal gut. Aber rückwirkend betrachtet war das vorherige System besser. Wer sich keine KV leisten konnte, wurde über die Sozialhilfe versorgt. Im jetzigen System stehen GKV und PKV mehr oder weniger ohnmächtig vor einer großen Gruppe Nichtzahler, wovon eine Gruppe tatsächlich sich die Beiträge leisten können und eine Gruppe einfach nicht bezahlt. Aufkommen für die Einnahmeausfälle müssen die übrigen Versicherten und die Nichtzahler haben noch immer einen, wenn auch eingeschränkten, Versicherungsschutz. Hilfe bringen nicht etwa niedrigere Zinsen oder ein Nichtzahlertarif, sondern nur ein klares Statement der Gesetzgebung. Wenn tatsächlich Krankenversicherung ein so hohes Gut ist, müssen die Versicherungen in die Lage versetzt werden ihre Ansprüche durchzusetzen. Dass heisst ein sofortiger Titel zur Pfändung, bestehen bleiben der Ansprüche auch bei Insolvenz und erster Rang vor allen Forderungen.

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