Hamburg

Ärztekammer deckt Mängel in Strahlenklinik auf

Im Zusammenhang mit dem vermeintlichen Strahlenskandal an der Hamburger Asklepios-Klinik St. Georg ist jetzt ein heftiger Streit unter Experten entbrannt. Mittendrin im Geschehen: Bundesärztekammer-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Strahlentherapie: Dabei soll es in einer Hamburger Klinik zu Fehlern gekommen sein.

Strahlentherapie: Dabei soll es in einer Hamburger Klinik zu Fehlern gekommen sein.

© Mark Kostich / iStock

HAMBURG. Erst Vorwürfe gegen die Strahlenklinik, dann gegen die Prüfer, nun gegen den Gutachter und die Gesundheitsbehörde: In Hamburg überziehen sich im Zusammenhang mit einem vermeintlichen Strahlenskandal angesehene Experten mit gegenseitigen Vorwürfen.

Mittendrin in den Geschehnissen befinden sich Bundes- und Landesärztekammerpräsident Professor Frank Ulrich Montgomery, Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks, Gutachter Professor Bernhard Kimmig und die Experten der Prüfungskommission.

Zur Ausgangslage: Die Hamburger Gesundheitsbehörde hatte ein Gutachten bei Professor Bernhard Kimmig in Auftrag gegeben, nachdem die Asklepios Klinik St. Georg und die ärztliche Stelle der Ärztekammer Hamburg bei Routineuntersuchungen Unterbestrahlungen in der Brachytherapie von St. Georg festgestellt hatten.

Die Ärztekammer habe im Krankenhaus St. Georg 129 Patientenakten geprüft, berichtet die "Hamburger Morgenpost". Die ärztliche Stelle hatte Mängel in 76 Fällen aufgelistet.

In den Medien wurde auch von Bestrahlungen ohne Indikation, schlechter Aufklärung und fehlerhafter Dokumentation berichtet. Die Klinik hatte Vorwürfe zu Überdosierungen, fehlenden Indikationen und manipulierten oder fehlenden Dokumenten stets zurückgewiesen.

Bedienungsfehler?

Experte Kimmig, emeritierter Inhaber des Kieler Lehrstuhls für Strahlentherapie und Leiter der ärztlichen Stelle Schleswig-Holstein, hält die Vorwürfe wegen fehlender Indikation und zu hoher Dosierung für nicht haltbar. Als Ursache für zehn Unterbestrahlungen machte er einen Bedienungsfehler durch den verantwortlichen Medizin-Physiker aus.

Kimmig kritisierte aber auch, dass die seinerzeit eingeschaltete Prüfkommission der ärztlichen Stelle der Ärztekammer Hamburg diese Verantwortung nicht eindeutig zugeordnet hatte.

Weiterer Kritikpunkt des Gutachters: Bei der Prüfung durch die ärztliche Stelle befand sich ein Mitglied nach seinem Eindruck in einem Interessenkonflikt, weil dieses während des Prüfzeitraums mit der Geschäftsführung des Krankenhauses über eine eigene Brachytherapie-Abteilung verhandelt und dies nicht angezeigt habe.

Die Gesundheitsbehörde machte diese Ergebnisse öffentlich, bevor sie die Ärztekammer einschaltete, und zog Konsequenzen: Künftig soll die ärztliche Stelle die Auswahl von Gutachtern und die Zusammensetzung der Prüfkommission mit ihr abstimmen. Durch eine schriftliche Erklärung sollen Beziehungen zwischen Prüfern und den zu prüfenden Einrichtungen dann ausgeschlossen werden.

Bei der Kammer und ihrem Präsidenten Montgomery sorgte dieses Vorgehen für massive Verstimmung, genauso wie die Aussagen des Gutachters. Dessen Vorwürfe gegen die Kommissionsmitglieder wies Montgomery "entschieden zurück".

Als "unseriös" bezeichnete er das Vorgehen, die Vorwürfe zu erheben, ohne die Betroffenen anzuhören. Weiter sagte Montgomery: "Es ist erstaunlich, dass sich ein medizinischer Gutachter ungefragt mit vermuteten Interessenkonflikten der Gutachter der ärztlichen Stelle auseinandersetzt.

Professor Kimmig ist Strahlentherapeut, kein Spezialist für Interessenkonflikte. Seine Aufgabe war die inhaltliche Prüfung des Gutachtens, nicht die Prüfung der Gutachter." Der behauptete Interessenkonflikt, so Montgomery, habe sich durch ein Gespräch entkräften lassen. Der Präsident fordert zu dem von der Gesundheitsbehörde vorgestellten Gutachten nun eine Richtigstellung.

Prüfer-Storcks: "Keine Kleinigkeiten"

Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks hat das Gutachten inzwischen der Bürgerschaft zugeleitet. Sie sieht die wesentlichen Vorwürfe gegen die Klinik ausgeräumt - die verbliebenen Kritikpunkte seien allerdings "keine Kleinigkeiten", so Prüfer-Storcks.

Asklepios begrüßte die mit dem Gutachten geschaffene Transparenz. Allerdings laufen noch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zur Frage, ob Patienten geschädigt wurden. Die Klinik sagte hierzu uneingeschränkte Unterstützung zu.

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