Mutterschutzgesetz
BGH: Schwangere Schöffin darf trotz Attestes an Verhandlung teilnehmen
Die Schöffentätigkeit verläuft ehrenamtlich. Daher greift ein ärztlich ausgesprochenes Beschäftigungsverbot nicht, urteilte der Bundesgerichtshof.
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Schöffen sind ein Pfeiler der deutschen Gerichtsbarkeit. Das Gericht muss dabei nicht preisgeben, ob eine Schöffin zur Zeit der Ausübung ihres Ehrenamtes schwanger ist, so der BGH.
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Karlsruhe. Wenn eine schwangere Schöffin trotz eines ärztlichen Beschäftigungsverbots weiter an einer Gerichtsverhandlung teilnimmt, führt dies nicht zu einer „gesetzwidrigen Gerichtsbesetzung“. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Mittwoch bekannt gegebenen Urteil entschieden. Danach ist das Mutterschutzgesetz für die Tätigkeit als ehrenamtliche Richterin nicht einschlägig.
Das Landgericht Dresden hatte den Angeklagten wegen verschiedener Drogendelikte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Neben der Staatsanwaltschaft legte auch der Angeklagte hiergegen Revision beim BGH ein.
Dabei machte er einen Formfehler geltend. Eine beteiligte Schöffin des Landgerichts sei schwanger gewesen, und ein Arzt habe ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen. Dies habe die Schwangere übergangen und sei weiter als Schöffin tätig gewesen.
Doch die Tätigkeit als Schöffin ist keine Beschäftigung im arbeitsrechtlichen Sinne, betonte nun der BGH. Sie sei ein öffentliches Ehrenamt, „das Laien unabhängig von ihrer sonstigen Betätigung wahrnehmen“. So erhalte eine Schöffin keine Vergütung, sondern lediglich eine gesetzlich festgelegte Entschädigung für entstehende Kosten und Verdienstausfall. Entsprechend sei das Gericht nicht Arbeitgeber der Schöffin und somit auch nicht Adressat des Beschäftigungsverbots.
Kein Anspruch auf Mutterschutzlohn
Raum für eine entsprechende Anwendung des Beschäftigungsverbots auf eine ehrenamtliche Richterin gebe es nicht. Auch eine „planwidrige Regelungslücke“, weil der Gesetzgeber die Tätigkeit als Schöffin übersehen haben könnte, bestehe nicht. Vielmehr sei das Mutterschutzgesetz insgesamt für ehrenamtliche Richterinnen nicht einschlägig, heißt es in dem Karlsruher. So bestehe gegen das Gericht kein Anspruch auf Mutterschutzlohn.
Wegen eines mit der Verfahrensrüge verbundenen Befangenheitsgesuchs wies der BGH zudem darauf hin, dass ein Strafgericht „unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt“ dazu verpflichtet sei, die Schwangerschaft einer Berufsrichterin oder Schöffin offenzulegen.
Bundesgerichtshof, Az.: 5 StR 161/21