Vorschläge der Gaskommission

Dauerhafte Entlastung bei Gaspreis frühestens ab Frühjahr 2023

Auf finanzielle Hilfen wegen der gestiegenen Gaskosten können Arztpraxen und Kliniken frühestens ab März 2023 hoffen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft ist trotzdem nicht zufrieden.

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Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, und Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (v.l.) stellten den Zwischenbericht der Kommission Erdgas und Wärme vor.

Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, und Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (v.l.) stellten den Zwischenbericht der Kommission Erdgas und Wärme vor.

© Britta Pedersen/dpa

Berlin. Für Haushalte und Kleingewerbe hält die Kommission eine Entlastung in zwei Stufen für sinnvoll. Im Dezember soll der Staat einmalig die Abschlagszahlung der Gaskunden übernehmen. Möglichst ab März, vielleicht aber auch erst ab April 2023 soll dann eine Gas- und Wärmebremse bis Ende April 2024 eingeschaltet werden.

Enttäuscht reagierte am Montag nachmittag die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) auf die Vorschläge. Sie würden absehbar zu keiner spürbaren Entlastung der Krankenhäuser führen. „Wie zu erwarten, gab es von der Kommission keine Vorschläge, die die besondere Lage der Krankenhäuser betreffen. Zwei Drittel der ungedeckten Kostensteigerungen in Milliardenhöhe sind durch die exorbitant gestiegenen Preise für Medizinprodukte, Arzneimittel, Lebensmittel und Dienstleistungen jenseits der Energiekosten entstanden“, wird DKG-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß in einer Pressemitteilung zitiert.

DKG: Insolvenzgefahr bleibt

Die vorgeschlagenen Maßnahmen brächten möglicherweise im kommenden Jahr eine gewisse Entlastung für einige Kliniken bei den Energiekosten. „Das kann aber weder die aktuelle Insolvenzgefahr bannen noch gelingt es damit den Krankenhäusern, flächendeckend aus den roten Zahlen zu kommen“, so Gaß.

Nach der ereignislosen Ministerpräsidentenkonferenz in der vergangenen Woche dürfe nicht noch mehr wertvolle Zeit verstreichen. „Ein allgemeiner Gaspreisdeckel im März 2023 ist keine adäquate Hilfe. Wir brauchen einen sofort wirksamen Inflationsausgleich, der dafür sorgt, dass Liquidität in die Häuser kommt“, sagte Gaß. Er kündigte eine außerordentliche Präsidiumssitzung in dieser Woche an.

Für Haushalte, kleine Unternehmen beziehungsweise Kleingewerbe einerseits sowie für industrielle Großkunden andererseits schlug die Expertenkommission Gas und Wärme zwei unterschiedliche Vorgehensweisen vor, um die Gasverbraucher bis zum Frühjahr 2024 zu entlasten. Einen entsprechenden Zwischenbericht stellte die Kommission am Montag vormittag nach 36 Stunden Beratungen in Berlin vor.

Grundkontingent mit gedeckeltem Preis

Für die Gaspreisbremse sollen die Gasverbraucher ein Grundkontingent erhalten, das bei 80 Prozent des Verbrauchs liegt, der der Abschlagszahlung aus September 2022 zugrunde gelegt wurde. Für diese Basismenge wird der Gaspreis auf 12 Cent je Kilowattstunde (kWh) inklusive Abgaben und Steuern begrenzt. Für Verbrauchsmengen, die darüber hinausgehen, muss der Marktpreis bezahlt werden.

Für Fernwärmekunde soll dieses Modell ebenfalls greifen, der kWh-Preis wird hier den Vorschlägen zufolge aber 9,5 Cent betragen. „Das heißt, man bekommt quasi jeden Monat einen staatlichen Zuschuss auf die Abschlagszahlung", erklärte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm.

Entlastung für Großkunden ab Januar vorgeschlagen

Für industrielle Großkunden mit einem Verbrauch von mehr als 1,5 Megawattstunden im Jahr könnte die Gaspreisbremse dagegen schon ab 1. Januar 2023 greifen. Grund dafür ist laut Kommission, dass der Entlastungsmechanismus in diesem Segment wegen der übersichtlicheren Kundenzahl leichter umzusetzen ist.

Der Vorschlag der Kommission: Der Beschaffungspreis für ein Grundkontingent von 70 Prozent des Verbrauchs aus 2021 wird gedeckelt auf sieben Cent je kWh. Für den Rest wird auch hier der volle Marktpreis fällig. Für dieses Programm sollen sich die Großunternehmen anmelden und die Teilnahme öffentlich machen.

Fonds für soziale Dienstleister

96 Milliarden Euro würde die Umsetzung der Kommissionsvorschläge kosten. Für „spezielle Fälle“, soziale Dienstleister und Wohngeldempfänger setzten sich die Kommissionsmitglieder für zusätzliche Hilfen über Fonds ein. Dabei haben sie speziell auch Kliniken und Pflegeheime im Blick - ohne aber konkret zu werden.

In dem Zwischenbericht wies die Kommission allgemein darauf hin, dass die soziale Infrastruktur zentraler Bestandteil der Daseinsvorsorge sei und in der Krise abgesichert werden müsse, um die Versorgung der vulnerablen Personengruppen sicherzustellen.

„Langwierige Verhandlungen und Schiedsstellenverfahren um Refinanzierungsmöglichkeiten zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern müssen vermieden werden, um Liquiditätsengpässe, Insolvenzen und Leistungseinschränkungen wirksam zu verhindern“, hieß es in dem Bericht weiter. Ein Hilfsfonds für soziale Dienstleister könnte über die Kostenträger der Sozialversicherungen administriert werden.

In drei Wochen wird die Gaskommission einen Abschlussbericht vorlegen. Denn ihr Auftrag aus der Regierung lautet auch, grundsätzliche Sparmöglichkeiten zu betrachten.

Eine Strompreisbremse hat die Regierung in den vergangenen Wochen bereits angekündigt, ohne jedoch bisher Details dazu bekannt zu geben. Wann und in welcher Form sie kommt, ist ebenso ungewiss wie die Gaspreisbremse. Beide müssten zusammen gedacht werden, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag. Die Vorschläge zur Entlastung beim Gas werden jetzt zunächst einmal im Kanzleramt, Finanz- und Wirtschaftsministerium auch wegen des EU-Beihilferechts geprüft. (juk)

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