Kommentar – Prozess in Gießen
Der Bundestag muss beim Thema Abtreibung ran
6000 Euro Strafe wegen eines einzigen Wortes auf der Arztwebsite! "Schwangerschaftsabbruch" steht dort schmucklos als Teil des Spektrums der Allgemeinarztpraxis von Dr. Kristina Hänel in Gießen, zwischen "Fehlgeburt" und "Sexualberatung". Wer draufklickt und seine E-Mail-Adresse angibt, erhält eine Broschüre mit Informationen zugeschickt.
Damit verstößt Hänel nach Meinung des Amtsgerichts Gießen gegen den Paragrafen 219a, der unter Strafe stellt, wer das Angebot von Schwangerschaftsabbrüchen bewirbt oder ankündigt.
Die Ärztin hat vor dem bundesweit beachteten Prozess angekündigt, für die Informationsfreiheit der Frauen notfalls durch alle Instanzen zu gehen. Eine Petition an den Deutschen Bundestag zugunsten des Informationsrechtes von Frauen haben bis Freitagmittag bereits mehr als 116.000 Menschen unterstützt.
Dem Bundestag würde es gut zu Gesicht stehen, die Petition zum Anlass zu nehmen, sich diesen Passus des Strafgesetzbuches, der noch aus der Zeit des Nationalsozialismus stammt, vorzunehmen.
Ein Risiko der Kommerzialisierung besteht dadurch in Deutschland sicher nicht. Marktschreierische Werbung ist Ärzten bekanntlich verboten - – und genau das ist der Ärztin definitiv nicht vorzuwerfen.
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