Medica

Der ePA-Start wird zum bundesweiten Feldtest

Bei der elektronischen Patientenakte wird zu Beginn nicht gleich alles perfekt laufen. Den Akteuren bei Kassen und gematik kommt es auf den schnellen Startschuss an.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Einfach reinklicken? Schon bald soll die sektorübergreifende elektronische Patientenakte Alltag in Deutschland sein.

Einfach reinklicken? Schon bald soll die sektorübergreifende elektronische Patientenakte Alltag in Deutschland sein.

© maxsim / stock.adobe.com

Düsseldorf. Die Bedeutung der elektronischen Patientenakte (ePA) wird bislang von vielen noch unterschätzt, glaubt Dr. Markus Leyck Dieken. „Die elektronische Patientenakte wird zu einem Schlüsselelement des gesamten Gesundheitswesens werden“, sagte der gematik-Geschäftsführer beim digitalen Medica Econ Forum der Techniker Krankenkasse (TK). Leyck Dieken geht davon aus, dass die ePA ihre Wirkung erst nach und nach entfalten wird. Der Start am 1. Januar 2021 werde kein „Big Bang“ sein.

Alle Krankenkassen werden aber nach Einschätzung der gematik, die die Telematikinfrastruktur betreibt, von Beginn an ihren Versicherten eine solche Akte anbieten. „Die ersten Monate werden wie ein großer bundesweiter Feldtest“, sagte er. Es gehe darum, Erfahrungen mit der Akte zu sammeln. Die ePA werde dann Schritt für Schritt verbessert, die Anwendungsmöglichkeiten würden erweitert.

Auch die Verbreitung der Akte bei den Versicherten wird langsam erfolgen, erwartet Leyck Dieken. „Wir werden nicht gleich doppelstellige Millionenzahlen bei den Usern sehen.“ Er setzt auf Mund-zu-Mund-Propaganda, um größere Nutzerkreise zu erreichen. Dabei spielten neben den Ärzten und den Krankenkassen vor allem chronisch Kranke und ihre Interessengruppen eine wichtige Rolle.

gematik will nicht auf die perfekte Lösung warten

Denn sie werden die Vorteile der ePA schnell zu schätzen wissen. Die gematik habe aus der Vergangenheit gelernt und wolle nicht auf die perfekte Lösung warten, betonte er. Die Suche nach der „150-Prozentigkeit“ habe im deutschen Gesundheitswesen zu einem Stillstand bei der Digitalisierung geführt.

Auch die Bedürfnisse der Nutzer spielten bei der Weiterentwicklung der Telematikinfrastruktur (TI) eine viel größere Rolle als früher. Für Leyck Dieken ist es keine Frage, dass die Technik modernisiert werden muss. „Die erste TI ist entwickelt worden, als es noch keine Smartphones und keine Cloud gab“, sagte er. „Wir müssen schleunigst in die TI 2.0 kommen.“ Die Versichertenkarte taugt seiner Meinung nach nicht mehr zur Identifikation der Versicherten. „Wir müssen hin zur elektronischen ID kommen.“ Die Umstellung solle 2021, 2022 erfolgen.

Das sieht Thomas Ballast genauso, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der TK. „Die Versichertenkarte muss weg und digital verfügbar gemacht werden als Identifikationsausweis.“ Am Anfang werde bei der ePA nicht alles rund laufen, betonte auch Ballast. „Wir müssen uns darauf einrichten, dass die Dinge in den ersten zwei Jahren nicht 100-prozentig funktionieren werden.“

Kritiker werden „reingrätschen“

Das werde den Kritikern die Möglichkeit geben, „reinzugrätschen“. Aber je länger die Akte im Einsatz ist, desto deutlicher werden die Vorteile durch eine höhere Transparenz und Effizienz im Gesundheitswesen sichtbar, erwartet er.

Die ePA und die elektronische Gesundheitsakte als Vorläufer richteten sich zurzeit vor allem an Menschen mit Gesundheitsproblemen, sagte Ballast. „Uns interessieren aber auch die, die noch keine haben und sie auch nicht entwickeln sollen.“ Der Bereich der Prävention spielt für die TK eine große Rolle. Es gehe darum, aus den Informationen auf der ePA Hinweise auf Krankheiten abzuleiten und die Versicherten zu warnen und sie in Kontakt mit dem Gesundheitswesen zu bringen, erläuterte er. Das stehe aber kurzfristig nicht an.

Versicherte müssen nicht mit ihren Daten zahlen

„Wichtig ist, dass wir jetzt den Startschuss geben für eine Entwicklungsplattform, in die wir die nächsten 15, 20 Jahre investieren.“ Anders als auf dem normalen Markt müssten die Versicherten für die Nutzung der Anwendung nicht mit ihren Daten bezahlen, betonte der TK-Vize. „Sie sind in körperschaftlich legitimierter Umgebung, wo niemand etwas mit ihren Daten verdienen will.“

Die TK bietet ihren Versicherten in Zusammenarbeit mit IBM bereits eine elektronische Gesundheitsakte an, „TK-Safe“. Bislang gebe es knapp 300.000 aktive Nutzer der Akte, jeden Tag kämen Hunderte hinzu, sagte Ballast. Die Resonanz sei sehr positiv. „Das macht uns hoffnungsfroh, dass die Nutzerzahlen ab dem 1. Januar nach oben gehen werden.“ Nach Angaben von Ballast hat die TK für ihre ePA gerade die Zertifizierung von der gematik erhalten. (iss)

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