DKI-Gutachten
Die wenigsten Kliniken sind gut gegen Hitzewellen gewappnet
Auf Hitzewellen, Sturzregen und Fluten sind Krankenhäuser nicht gut vorbereitet. Auch der Krieg in der Ukraine setzt ihnen zu. Fast alle Kliniken hängen am Erdgas-Hahn. Die Krankenhausgesellschaft ruft nach dem Staat.
Veröffentlicht:Berlin. Klimaschutz in Krankenhäusern liegt in zweierlei Hinsicht brach. Zum einen verursachen die Kliniken rund ein Zwanzigstel des nationalen Ausstoßes an Klimagasen. Zum anderen sind die wenigsten Häuser gut gegen Extremwettereignisse wie zum Beispiel Hitzewellen gewappnet.
Ein aktuelles Gutachten des Deutschen Krankenhausinstitutes (DKI) stellt der Klimabilanz des stationären Sektors ein eher durchwachsenes Zeugnis aus.
Fünf Prozent der Treibhauabgase
Der Gesundheitssektor – und damit vor allem die Krankenhäuser – ist demnach für knapp fünf Prozent des Ausstoßes an Treibhausgasen in Deutschland verantwortlich. Zum Vergleich: Der Flugverkehr kommt auf lediglich 1,9 Prozent, selbst die als besonders schmutzig geltende Schifffahrt steht mit 1,7 Prozent besser da.
Bei den aktuellen Temperaturen von weit über 30 Grad Celsius haben die Krankenhäuser Mühe, ihren Patienten Wohlfühltemperaturen zu bieten. „Dass ganze Häuser klimatisiert sind, ist die Ausnahme“, gestand der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Dr. Gerald Gaß, am Dienstag ein.
In der Regel seien gerade Patientenzimmer nicht klimatisiert. Es gebe allerdings hin und wieder Dachbegrünungen, Nachrüstungen zur Verschattung von Räumen und Wärmedämmung.
Länder haben den Schwarzen Peter
Es sei die „verdammte Pflicht der Politik“, in die öffentliche Infrastruktur zu investieren, forderte Gaß. In den vergangenen Jahrzehnten sei das Land „kaputtgespart“ worden.
Gerichtet sind die Vorwürfe ausdrücklich auch an die Bundesländer, die für die Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser einen gesetzlichen Auftrag haben. Tatsächlich blieben die Länder jedes Jahr zwischen drei und vier Milliarden Euro schuldig, die die Krankenhäuser nicht in Gebäude und medizinische Großanlagen investieren könnten.
Gaß verwies darauf, dass bereits dieses Jahr und 60 Prozent der Krankenhäuser rote Zahlen schreiben würden, im kommenden Jahr voraussichtlich sogar 80 Prozent.
Krieg verteuert Betriebskosten
Die mit dem Krieg in der Ukraine einhergehenden Verwerfungen bei der Versorgung mit Energie treffen die Krankenhäuser ebenfalls hart. Rund 92 Prozent der Krankenhäuser in Deutschland sind auf Erdgas zum Heizen angewiesen.
Ein Krankenhaus verbrauche mit rund 4,9 Millionen Kubikmetern im Durchschnitt so viel Erdgas wie knapp 2939 Einfamilienhäuser, hat das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) ermittelt.
Legt man nur die 1400 Standorte der an der Notfallversorgung teilnehmenden Häusern zugrunde, kommt man schon auf den Verbrauch von gut 4,1 Millionen Einfamilienhäusern.
Diese Daten hat das Institut im Auftrag der Gesundheitsministerkonferenz der Länder für das Bezugsjahr 2019 erhoben. Damals waren im Schnitt 345.000 Euro im Jahr pro Krankenhaus fällig. Die Gasrechnung der kommenden Jahre wird für viele Kliniken deutlich höher ausfallen.
Bei 43 Prozent der Häuser liefen bereits im laufenden Jahr die Lieferverträge für Erdgas aus, bei 45 Prozent für Strom.
Mittelfristig müssten aber alle Häuser mit Preissprüngen rechnen, sagte Dr. Anna Levsen vom DKI. Die Option des kurzfristigen Energiesparens sehen 61 Prozent der Krankenhausverwaltungen derzeit nicht. Weitere 28 Prozent halten immerhin bis zu zehn Prozent an Einsparungen für möglich.
Umwelt- und Klimaschutz blieben angesichts der Energiekrise ein vorrangiges Ziel, sagte DKG-Chef Gaß. Die energetische Sanierung der Krankenhäuser erfordere allerdings zusätzliche Investitionsmittel „in großem Umfang“. Gaß geht von einem „mittleren zweistelligen Milliardenbetrag“ aus.
Klimaneutralität als Ziel
Bereitstellen solle diese Mittel ein von Bund und Ländern gemeinsam finanzierter „Krankenhaus-Klimaschutzfonds“, forderte Gaß. Ziel müsse die Klimaneutralität des Sektors sein.
Bis dahin, vor allem im bevorstehenden Herbst und Winter müssten die Krankenhäuser als Teil der kritischen Infrastruktur vorrangig mit Erdgas beliefert werden, so der DKG-Chef weiter. Dies gelte ebenso für die zahlreichen Zulieferbetriebe der Krankenhäuser wie etwa Wäschereien und Großküchen.