Heimversorgung
Es dürfen Rezepte gefaxt werden
Heimversorgende Apotheken dürfen bei Ärzten Rezepte anfordern. Ein kürzlich ergangenes Urteil, das einem Apotheker untersagte, sich von Ärzten frisch ausgestellte Rezepte zufaxen zu lassen, berührt die Heimversorgung nicht.
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Rezept per Fax vom Verordner an die Apotheke: Was im Regelfall unter anderem eine unzulässige Absprache bedeutet, ist im Kontext der vertraglich organisierten Heimversorgung statthaft.
© Michaela Illian
NEU-ISENBURG. Unser Bericht über das Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts, wonach Ärzte Rezepte nicht an eine bestimmte Apotheke schicken dürfen, auch wenn Patienten dies ausdrücklich wünschen, hat einige Leser der "Ärzte Zeitung" bewogen, nachzufragen.
Sie interessieren sich für Parallelen zwischen dem geschilderten Fall, bei dem es sich laut OLG um verbotene Absprachen (§ 11 Apothekengesetz) sowie eine ungenehmigte Rezeptsammelstelle (§ 24 Apothekenbetriebsordnung) handelt und einer offenbar recht alltäglichen Übung: dass nämlich heimversorgende Apotheken Rezepte zur Übersendung bei ihnen anfordern.
Eine Allgemeinmedizinerin aus dem sächsischen Wurzen (Name ist der Redaktion bekannt) schreibt, dass sie regelmäßig Hausbesuche bei Pflegeheimbewohnern macht.
Eine Apotheke, die das Heim beliefert und Medikamente patientenindividuell verblistert, wünscht, "dass der Arzt alle ausgeschriebenen Rezepte faxt und anschließend in einen Umschlag legt und zur Post trägt".
Zudem gingen manchmal täglich bis zu drei Faxe mit Rezeptanforderungen für einen einzigen Heimbewohner in ihrer Praxis ein. "Muss ich mir das gefallen lassen?" will sie wissen.
"Eine sehr gute Frage", findet ein in Magdeburg ansässiger Kollege, der bestätigt, dass es "in den von mir versorgten Heimen ebenfalls so üblich ist".
Arzneimittelversorgung von Heimbewohnern im Apothekengesetz geregelt
So ärgerlich im Einzelfall die eingeforderte Rezept-Übersendung sein mag - rechtlich angreifbar ist sie zunächst einmal nicht. Denn beide Sachverhalte sind nicht eins zu eins vergleichbar.
Die Arzneimittelversorgung von Heimbewohnern ist im Apothekengesetz geregelt. Dort heißt es (§12a): "Der Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke ist verpflichtet, zur Versorgung von Bewohnern von Heimen (...) mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten mit dem Träger der Heime einen schriftlichen Vertrag zu schließen."
"Aufgrund dieser Regelung lassen sich allgemeine Grundsätze und auch die Rechtsprechung zur Rezeptsammelstelle nicht ohne Weiteres auf die Heimversorgung übertragen", erläutert der Bonner Medizinrechtler Dr. Ingo Pflugmacher.
Solange die freie Apothekenwahl der Heimbewohner nicht eingeschränkt werde - üblicherweise beinhalten die Verträge einen Passus, der das klarstellt - "kann die Apotheke vom Arzt Rezepte anfordern".
Auf Grundlage des Vertrages mit dem Pflegeheim handele die Apotheke als "Bote oder Vertreter" des Patienten, so Pflugmacher weiter.
Sofern also Apotheke oder Heim nicht unzulässigerweise auf die Patienten einwirken, dass diese keinen abweichenden Bezugsweg wünschen können, sei "das von der Leserin geschilderte Vorgehen zulässig".
Dem Patientenwohl dienen
Um die allgemeine Dimension der Sache zu verdeutlichen, verweist Rechtsanwalt Pflugmacher auf den Regelungszweck der Vorschriften, die das Zusammenwirken von Arzt und Apotheker verbieten. Sie dienten vor allem dem lauteren Wettbewerb und dem Patientenwohl.
Für Heimpatienten habe der Gesetzgeber jedoch "die Notwendigkeit gesehen, eine strukturierte Arzneimittelversorgung durch eine oder mehrere Apotheken zuzulassen", sagt Pflugmacher.
Als Korrektiv zur Sicherung des lauteren Wettbewerbs unter den Apotheken sowie des Patienten-Rechtes auf freie Apothekenwahl stünde dem die Notwendigkeit entgegen, mit dem Heim einen Versorgungsvertrag abzuschließen, der zumal behördlich genehmigt werden muss.
Dagegen war das Sammeln und Übersenden von Rezepten durch einen Arzt an eine Apotheke - wie im Eilverfahren vor dem Oberlandesgericht des Saarlandes kürzlich verhandelt - weder durch eine Aufsichtsbehörde abgesegnet, noch wollte das Gericht die bloße Bequemlichkeit für die Patienten als hinreichenden Grund für eine derart enge Bindung zwischen Leistungserbringer und Offizininhaber durchgehen lassen.