Abrechnungsurteil
Für falschen Arzt gibt es kein Honorar
Weil eine Klinik aus Köln einen Mediziner mit erschlichener Approbation beschäftigte, darf die Krankenkasse Vergütungen zurückfordern, urteilte das Bundessozialgericht.
Veröffentlicht:Kassel. Für Klinikbehandlungen durch einen „falschen Arzt“ steht dem Krankenhaus keine Vergütung zu. Das gilt selbst dann, wenn der vermeintliche Arzt eine echte Approbation vorlegen konnte, sich diese aber durch gefälschte Zeugnisse erschlichen hat, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel.
Es bestätigte damit weitgehend Rückforderungen der Krankenkasse IKK classic gegen ein Krankenhaus im Regierungsbezirk Köln. Danach kann das Krankenhaus lediglich die Vergütung für „eigenständige Behandlungsabschnitte“ behalten, an denen der vermeintliche Arzt nicht beteiligt war. In den Instanzen sind noch neun weitere Kassenklagen mit Rückforderungen über insgesamt 1,5 Millionen Euro anhängig.
Mann hatte Abschlussprüfungen nicht abgelegt
Das im Streitfall beklagte Krankenhaus hatte 2009 einen vermeintlichen Arzt angestellt und zunächst als Assistenzarzt, dann als Facharzt im Bereich Viszeralchirurgie beschäftigt. Später stellte sich heraus, dass der Mann zwar ein fast vollständiges Medizinstudium hinter sich, dann aber die Abschlussprüfungen nicht abgelegt hatte. Die Approbation, die er sich mit gefälschten Zeugnissen beim Regierungsbezirk Köln erschlichen hatte, widerrief die Behörde im November 2015.
In den sechs Jahren davor hatte er 336 Operationen vorgenommen. Beanstandungen durch Patienten sind offenbar nicht bekannt. Dennoch wertete das Amtsgericht Düren die Eingriffe durch den „Nichtarzt“ als Körperverletzung in 336 Fällen und verurteilte den Mann zu einer Bewährungsstrafe von 22 Monaten.
Rückforderung von 31600 Euro
Für die Krankenkasse IKK classic war dies Anlass, für zehn Behandlungen ab 2012 die bereits ausbezahlten Honorare zurückzufordern, insgesamt 31.600 Euro. Nach dem rechtskräftigen Strafurteil habe es sich um Körperverletzung gehandelt. Dafür dürfe und müsse die Versichertengemeinschaft nicht aufkommen.
Das Krankenhaus berief sich zum Einen auf Vertrauensschutz. Es habe eine Approbation vorgelegen, deren Echtheit die Bezirksregierung auf Nachfrage nochmals bestätigt habe. Hierzu betonte nun auch das BSG, dass das Krankenhaus kein Verschulden treffe. „Den Bockmist“ habe die Bezirksregierung gemacht, sagte BSG-Präsident Rainer Schlegel während der Verhandlung.
Dennoch sehe das Gesetz eine Vergütung nur für Krankenhausbehandlungen durch Ärzte vor. Dies sei „wesentlicher Bestandteil des Qualitätsgebots“. Hier sei der Operateur aber kein Arzt gewesen, ein Vergütungsanspruch bestehe daher grundsätzlich nicht.
Arzt war nicht an allen Behandlungen beteiligt
Teils erfolgreich war das Krankenhaus aber mit dem Argument, in mehreren der beklagten Fälle sei der falsche Arzt in weiten Teilen nicht an der Behandlung beteiligt gewesen. Hierzu urteilte das BSG, dass das Krankenhaus die Vergütung für vollkommen „eigenständige Behandlungsabschnitte“ behalten kann, etwa bei einer weiteren Erkrankung oder nach einer Verlegung in eine andere Abteilung. Darauf soll sich nun das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in Essen die einzelnen Fälle nochmals ansehen.
Über Schadenersatzforderungen gegen den falschen Arzt hatte das Krankenhaus mit diesem einen Vergleich geschlossen. Ob auch Haftungsansprüche gegen die Bezirksregierung Köln bestehen und inwieweit diese bereits verjährt wären, hatte das BSG nicht zu entscheiden.