Kommentar
Genehmigungsfiktion nur noch für Schnelle mit Geld
Die Regelung gilt bereits seit 2013, erst 2016 weckte aber ein Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts (BSG) sie aus dem Dornröschenschlaf: Entscheidet eine gesetzliche Krankenkasse über einen Leistungsantrag nicht innerhalb von drei oder höchstens fünf Wochen, gilt dieser als „fiktiv genehmigt“.
Nach dem Motto „Frist ist Frist“, münzte der frühere Vorsitzende des zuständigen Ersten BSG-Senats, Ernst Hauck, die Vorschrift scharf und versichertenfreundlich um. Nach erstem Aufschrei haben sich auch die Krankenkassen weitgehend damit arrangiert, Streitfälle gibt es kaum noch.
Dafür, nach dem Ruhestand Haucks zum Jahresende, nun aber eine neue Rechtsprechung: In seiner ersten öffentlichen Sitzung unter neuem Vorsitz von BSG-Präsident Rainer Schlegel nahm der Erste Senat der „Genehmigungsfiktion“ jeden Biss. Was übrig bleibt, ist ein „vorläufiger“ Anspruch auf Kostenerstattung. Der endet, sobald die Kasse den Antrag doch noch ablehnt.
Das bedeutet: Wer einen schnellen Termin organisieren und das Geld für eine umstrittene Behandlung vorstrecken kann, bekommt es zurück. Alle anderen gehen leer aus.
Keine Frage, es hat Missbrauch gegeben – insbesondere bei Eingriffen, die meist der Schönheitschirurgie zuzurechnen sind. Doch dagegen muss es andere Schranken geben, etwa eine Trennung von Verordnung und Operation.
Eine Regelung so zu gestalten, dass nur noch Reiche davon profitieren können, das ruft dagegen nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Der Sozialverband VdK hat eine entsprechende Beschwerde bereits in Aussicht gestellt.