Ungewöhnliche Dienstreise
Hamburgs Bürgermeister packt im Impfzentrum mit an
Hamburgs Bürgermeister Tschentscher ist gelernter Laborarzt. Am Sonntag hat er sich einen ganzen Tag Zeit genommen, um herauszufinden, was im Impfzentrum der Stadt passiert.
Veröffentlicht:Hamburg. Gelernt ist gelernt, schließlich hat er jahrelang als Laborarzt am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf gearbeitet. Peter Tschentscher weiß also, was er tut, als er den Sonntag im Impfzentrum der Stadt verbringt. Anders als Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) lässt sich Hamburgs Bürgermeister aber nicht impfen, sondern hilft in den Messehallen bei der Vorbereitung der Impfdosen mit.
Konzentriert sitzt der SPD-Politiker im mit zahlreichen Kameras gesicherten Laborbereich des Impfzentrums. Vor ihm auf einem niedrigen Stahltisch mit Abzugshaube steht der begehrte Stoff – Ampullen des Herstellers Biontech/Pfizer, die jedoch einer besonderen Behandlung bedürfen, ehe sie verabreicht werden können. So müssen sie zwar unter anderem geschwenkt, dürfen aber keinesfalls geschüttelt werden, ehe der Inhalt mit einer Kochsalzlösung gemischt werden kann.
Tschentscher zeigt sich ziemlich beeindruckt ob der Arbeit der inzwischen gut 3000 akkreditierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des von der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVH) betriebenen Impfzentrums. „Es gibt ausschließlich, jedenfalls bei mir, ausschließlich positive Rückmeldungen.“
Alles sei sehr gut organisiert. „Hier bleibt kein Impfstoff bleibt irgendwo liegen. Alles wird unmittelbar eingesetzt“, sagt Tschentscher, der mit einem weißen „Hamburg impft“-Hoody bekleidet ist, der ihn wie die neben ihm über seine Arbeit wachende Apothekerin als Teil der Impfzentrumsmannschaft ausweist.
4000 Impfungen am Sonntag
„Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt für den Impffortschritt ist nur die Lieferung des Impfstoffs. Das ist der entscheidende Engpass hier in Hamburg.“ Tschentscher betont, im Impfzentrum könnten jeden Tag mehr als 7000 Menschen geimpft werden. Am Sonntag sind es rund 4000.
Gleichwohl werde Hamburg kommende Woche erstmals Impfungen auch in Schwerpunktpraxen anbieten. Nach Ostern sollen dann über Apotheken auch niedergelassene Ärzte beliefert werden.
Bei der Schicht im Impfzentrum, die ihn auch in andere Bereiche führt, appelliert Tschentscher einmal mehr an die Vernunft der Menschen, sich an die Corona-Regeln zu halten und auf Reisen an Ostern zu verzichten. „Wir sind sehr überrascht, dass es jetzt die Möglichkeit gibt, nach Mallorca zu reisen, um dort Urlaub zu machen.“ Er werde bei der Gesprächsrunde der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag jede Regelung unterstützen, die darauf gerichtet sei, Auslandsreisen zu vermeiden.
Notbremse ist bereits gezogen
Tschentscher erinnert daran, dass Hamburg wegen Inzidenzwerten von über 100 schon die Notbremse gezogen und die Corona-Regeln am Samstag wieder verschärft habe. „Ich erwarte das von allen anderen Ländern auch.“ Vereinbarungen seien dazu da, dass man sie auch umsetze, sagt Tschentscher in Richtung jener Länder, die trotz Überschreiten des Schwellenwerts nichts unternähmen.
Der Bürgermeister macht im Impfzentrum aber auch jenen Menschen Mut, die ob der neuerlichen Verschärfung der Corona-Regeln langsam zu verzweifeln drohen: „Wir haben nur noch wenige Wochen, vielleicht Monate, in denen wir diszipliniert sein müssen“, sagt er. Schon im nächsten Quartal werde es sehr viel mehr Impfstoff geben. „Diese gute Perspektive, dieser Impffortschritt, der schützt uns endgültig vor den schwierigen Auswirkungen, die die Corona-Pandemie sonst hat.“ (dpa)