Urteil
Kasse muss Kryokonservierung erst ab 2021 zahlen
Sieht das Gesetz vor, dass ein Versichertenanspruch durch eine G-BA-Richtlinie zu konkretisieren sei, besteht ein einklagbarer Einzelanspruch erst, nachdem die Richtlinie in Kraft getreten ist.
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Der Anspruch gesetzlich Krankenversicherter auf Kryokonservierung ihrer Ei- oder Samenzellen wurde zwar MItte 2019 ins SGB V aufgenommen. Doch erst neun Monate später, ab 20. Februar 2021, besteht dieser Anspruch tatsächlich.
© Frisco Gentsch / dpa
Celle. Die gesetzlichen Krankenkassen müssen die Kosten einer sogenannten Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen frühestens ab dem 20. Februar 2021 bezahlen. Denn ein Anspruch darauf ergibt sich erst durch die dann in Kraft getretene Kryo-Richtlinie, wie das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in einem aktuell veröffentlichten Urteil entschied. Direkt aus dem Gesetz lasse sich dieser Anspruch zu einem früheren Termin nicht ableiten.
Damit wies das LSG einen Mann aus dem Raum Bremen ab. Im Alter von 32 Jahren wurde bei ihm 2019 Hodenkrebs diagnostiziert. Weil durch die Entfernung des Tumors die Zeugungsfähigkeit gefährdet war und der Mann sich aber noch Kinder wünschte, empfahlen ihm die Ärzte die Kryokonservierung von Samenzellen. Bei seiner Kasse beantragte er Kostenübernahme von zunächst 900 Euro.
Dabei stützte er sich auf eine Änderung des SGB V vom Mai 2019. Danach haben Versicherte „Anspruch auf Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen“ (§ 27a Abs. 4 SGB V), wenn dies „wegen einer Erkrankung und deren Behandlung mit einer keimzellschädigenden Therapie medizinisch notwendig erscheint“. Voraussetzungen, Art und Umfang der Maßnahmen sollte der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten und Krankenkassen in einer Richtlinie regeln. Diese trat am 20. Februar 2021 in Kraft.
Keine Aussage zu Einzelanspruch und EBM-Ziffernbeschluss
Die Krankenkasse lehnte eine Kostenerstattung ab – zu Recht, wie nun das LSG Celle entschied. Der Gesetzgeber habe die Leistungspflicht der GKV zwar schon 2019 eingeführt. Angesichts des „ausdrücklichen Verweises“ im Gesetz sei aber „klar ersichtlich, dass es zur Umsetzung der Norm noch weiterer Schritte in Form der Kryo-Richtlinie bedurfte“. Erst durch die Konkretisierung durch diese Richtlinie habe sich die gesetzliche Regelung „zu einem durchsetzbaren Einzelanspruch“ verdichtet.
Ob für die Leistungspflicht zusätzlich die Aufnahme entsprechender Vergütungsregelungen in den EBM erforderlich war, ließ das LSG offen. Diese traten am 1. Juli 2012 in Kraft.
Nach dem auch bereits schriftlich veröffentlichten Urteil muss die Krankenkasse für die Zukunft aber die Einlagerungskosten übernehmen, wenn der Mann eine entsprechende Bescheinigung seiner Ärzte vorlegt. Die Revision ließ das LSG Celle nicht zu. (mwo)
LSG Niedersachsen-Bremen, Az.: L 16 KR 256/21