Urteil
Kein Nachspiel für OP-Telefonat
Mit privaten Telefonaten während einer Op verletzen Ärzte ihre arbeitsvertraglichen Pflichten, hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Für eine fristlose Kündigung reicht es aber noch nicht.
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So ist es besser: Private Telefonate sollten Ärzte nur außerhalb des OP führen.
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ERFURT. Ein Arzt, der Patienten mit offener Wunde auf dem Operationstisch liegen lässt, um zwischendurch private Telefongespräche zu führen, verstößt gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten.
Zumindest vor einer fristlosen Kündigung ist aber in der Regel eine Abmahnung erforderlich, urteilte am Donnerstag, 25. Oktober 2012, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt.
Damit rettete das BAG einem Chefarzt eines katholischen Krankenhauses in Rheinland-Pfalz den Job. Der heute 52-Jährige Chirurg ist verheiratet und hat zwei Kinder. Laut Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2005 war er ordentlich nicht mehr kündbar.
2008 erfuhr die Krankenhausleitung, dass der Arzt unter anderem mit seiner Frau private Handy-Gespräche führte, während Patienten in Narkose und teils mit offener Operationswunde auf dem OP-Tisch lagen.
Nach Zeugenaussagen geschah dies mehrmals täglich für jeweils mehrere Minuten. Das Krankenhaus kündigte ihm daraufhin. Auf die Klage des Chirurgen hob das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz die Kündigung auf.
Eine ordentliche Kündigung sei vertraglich ausgeschlossen, eine fristlose Kündigung im konkreten Fall aber wegen der sozialen Schutzbedürftigkeit des Arztes überzogen. Dem ist nun das BAG zumindest im Ergebnis gefolgt.
Die Kündigung sei unverhältnismäßig. Zwar habe der Arzt gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Der Verstoß sei aber nicht derart massiv, dass eine vorherige Abmahnung entbehrlich geworden sei.
Bei Pflichtverstößen eines Arbeitnehmers sei die Abmahnung als erste Sanktion die Regel, betonten die Erfurter Richter. Eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung sei nur als Ausnahme in besonders schwerwiegenden Fällen zulässig.
Az.: 2 AZR 495/11
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