Kommentar zum Urteil über Patientenaufklärung

Kleine Hoffnung darf bleiben

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:

Schwere Krankheiten führen zu schwerer Verzweiflung. Damit umzugehen gehört sicher zu den besonderen Herausforderungen für Ärzte. Was etwa tun, wenn ein schwer kranker Patient die Standardtherapie ablehnt?

So geschehen in einem Fall, über den jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden hat. Nach langjährigem Alkoholmissbrauch hätte der Patient eine Spenderleber gebraucht. Darauf wollte er aber nicht warten, und er konnte sich auch nicht vorstellen, mit einem fremden Organ zu leben.

Eine Leberzelltransplantation erschien ihm als "letzter Rettungsanker", auch wenn er wusste, dass es damit 2006 noch kaum Erfahrungen gab.

Die Ärzte informierten umfassend über die Risiken, sprachen aber nur wenig über den unsicheren Erfolg. Der Patient starb bei den Eingriffen. Die Staatsanwaltschaft klagte wegen unzureichender Aufklärung auf "Körperverletzung mit Todesfolge".

Wie schon das Landgericht nahm dagegen nun auch der BGH eine "hypothetische Einwilligung" an und sprach die Ärzte frei. Sie müssen, so die Konsequenz des Urteils, eine kleine letzte Hoffnung nicht so klein reden, dass der Patient diese Hoffnung aufgibt. In den Grenzfällen des Lebens können offenbar auch Richter Fünfe mal gerade sein lassen.

Lesen Sie dazu auch: Patientenaufklärung: Hypothetische Einwilligung zählt

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