Landgericht Frankfurt am Main

Klinik muss kryokonserviertes Sperma eines Verstorbenen herausgeben

Das Grundrecht auf reproduktive Autonomie entlastet Klinikmitarbeiter, wenn sie Keimmaterial eines Verstorbenen für eine In-vitro-Fertilisation im Ausland herausgeben.

Veröffentlicht:

Frankfurt/Main. Eine Klinik muss das kryokonservierte Keimmaterial eines verstorbenen Mannes an dessen Witwe für eine In-vitro-Fertilisation (IVF) in Spanien herausgeben. Das Embryonenschutzgesetz sei hier einschränkend auszulegen, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten der späteren Verwendung seines Samens zugestimmt habe, entschied jetzt das Landgericht Frankfurt am Main in einem Eilverfahren. Die Klinikmitarbeiter müssten keine strafrechtliche Verfolgung fürchten, wenn sie das Keimmaterial herausgeben.

Damit kann eine Witwe mit dem kryokonservierten Samen ihres verstorbenen Mannes in einer spanischen Klinik eine IVF durchführen lassen. Ihr Ehemann hatte zu Lebzeiten sein Sperma in einer deutschen Klinik für eine spätere künstliche Befruchtung einfrieren lassen. Als der Mann starb, verlangte die Witwe die Herausgabe des Keimmaterials. Die Klinik weigerte sich. Das Embryonenschutzgesetz verbiete eine künstliche Befruchtung mit dem Samen eines verstorbenen Mannes. Freiheits- oder Geldstrafe drohten. Die Klinikmitarbeiter könnten sich durch die Herausgabe des kryokonservierten Spermas der Beihilfe schuldig machen.

Das Landgericht entschied hingegen, dass die Witwe Anspruch auf das Keimmaterial habe. Das Embryonenschutzgesetz, das die Befruchtung einer Eizelle mit dem Samen eines Mannes nach dessen Tod verbietet, sei hier einschränkend auszulegen. Die Witwe habe in einer eidesstattlichen Erklärung dargelegt, dass der Mann in die postmortale Verwendung seines Spermas eingewilligt habe. Er könne sich auf sein Grundrecht auf „reproduktive Autonomie“ berufen, sprich: Er müsse selbstbestimmt über seine Fortpflanzung bestimmen können.

Indem die Klinikmitarbeiter mit der Herausgabe des Keimmaterials die „verfassungsrechtlich besonders geschützte Selbstbestimmung“ ermöglichen, hätten sie auch keine strafrechtliche Verfolgung zu befürchten. Auch die Grundrechte des noch nicht gezeugten Kindes würden nicht verletzt. Eine konkrete Kindeswohlgefährdung sei ebenfalls nicht erkennbar. (fl)

Landgericht Frankfurt am Main, Az.: 2-04 O 29/25

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