Charité und Vivantes
Konkurrenten werden zu Partnern
Die Berliner Uniklinik Charité und der kommunale Klinikriese Vivantes - einst eher Konkurrenten - haben ein gemeinsames MVZ für Strahlentherapie eröffnet. Damit soll die Verzahnung von stationärer und ambulanter Versorgung vorangetrieben werden.
Veröffentlicht:BERLIN. Eine ungewöhnliche Kooperation haben die beiden größten Krankenhausbetriebe Berlins gestartet. Die Uniklinik Charité und der kommunale Klinikkonzern Vivantes haben ein gemeinsames Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) für Strahlentherapie eröffnet.
Das MVZ wurde als eigene GmbH aus der Charité herausgelöst. Es fungiert nun als MVZ Charité Vivantes GmbH, an der Charité und Vivantes hälftig die Anteile halten. Die sechs Fachärzte für Strahlentherapie des MVZ kommen allesamt von der Charité. Die Räume stellt Vivantes in seinem Klinikum im Friedrichshain.
"Es war in der Charité nicht ganz einfach, den Wissenschaftlern deutlich zu machen, dass die große Charité bei Vivantes Unterschlupf findet", sagte Charité-Chef Professor Karl Max Einhäupl bei der Eröffnung des MVZ. Er erinnerte auch daran, dass die Geschichte der größten europäischen Uniklinik und des größten kommunalen Klinikkonzerns in Deutschland "eher eine Geschichte des Gegeneinander" gewesen sei. Nun sei es aber gemeinsames Ziel, "auf Augenhöhe miteinander die medizinische Zukunft Berlins zu gestalten".
Projekt kostete neun Millionen Euro
Die Inbetriebnahme der gemeinsamen Strahlentherapie stelle "einen weiteren Meilenstein in der Kooperation zwischen Charité und Vivantes dar", so Vivantes-Chefin Dr. Andrea Grebe. Die Bauarbeiten waren planmäßig nach einem Jahr abgeschlossen. Neun Millionen Euro haben die beiden Klinikkonzerne in den Umbau und die Geräte für das MVZ investiert. Tatsächlich hat die Berliner Landesregierung 2010 der Charité und Vivantes die Zusammenarbeit verordnet. Die erste Kooperation war die Gründung eines gemeinsamen Labors. "Heute ist das Labor Berlin eine Blaupause für andere Städte", so Einhäupl. Vivantes und die Charité kooperieren auch beim Einkauf und haben nach Einhäupls Angaben sogar die Speisepläne vereinheitlicht. An eine komplette Fusion denke aber niemand, weder in der Politik noch in den Kliniken, so Einhäupl.
Die Berliner Landespolitik verspricht sich von der Kooperation der beiden großen stationären Versorger Synergien und Einspareffekte bei beiden Trägern. Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) betrachtet das MVZ als "neuartige und wegweisende medizinische Kooperation zwischen einem universitären und ein einem kommunalen Krankenhaus". Scheeres weiter: "Wir haben hier eine Vorreiterrolle."
Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) verweist auf die Vorteile des neuen MVZ mit Blick auf die sektorübergreifende Versorgung. "Dies ist auch der Weg von Charité und Vivantes in die ambulante Versorgung", so Czaja. Die Verzahnung von stationärer und ambulanter Versorgung werde immer wichtiger. Nach seinen Angaben erwartet das MVZ, wenn es vollständig etabliert ist, 1300 Patienten pro Jahr.
Ausbau der Kooperation geplant
Die Patienten sollen auch Zugang zu den klinischen Studien haben, an denen Charité und Vivantes mitwirken. Darunter sind nach Angaben des wissenschaftlichen Leiters des neuen MVZ Professor Volker Budach auch völlig neuartige Studien, die untersuchen, welche Vorteile eine Kombination von medikamentöser und Strahlentherapie im Vergleich zur bisherigen Normalversorgung hat. Eine ganz neue Kooperation strebt das MVZ mit der Neurochirurgie von Vivantes an. Dabei geht es um die Nanotherapie von Hirntumoren. "Hier können wir beide voneinander gewinnen", sagte Budach. Er verwies darauf, dass das MVZ auch mit dem Comprehensive Cancer Center und der Clinical Research Unit der Charité zusammenarbeitet.