Korruptionsvorwürfe gegen Leipziger Ärzte, Apotheken und Pharmafirma
Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt gegen das Pharmaunternehmen "Oncosachs", Apotheken und einige Ärzte wegen Bestechung und Steuerhinterziehung. Das betroffene Pharmaunternehmen "Oncosachs" vermutet eine Rache-Aktion der Konkurrenz.
Veröffentlicht:LEIPZIG (tt). Der Leipziger Pharmahersteller "Oncosachs" und drei mit dem Unternehmen familiär verbundene Apotheken in der Stadt sind in das Visier der Dresdner Staatsanwaltschaft geraten.
Die Antikorruptionseinheit "Ines" durchsuchte elf Objekte. Es seien 60 Kisten mit Akten und etliche Gigabyte Daten sichergestellt worden, erklärte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Wolfgang Klein der "Ärzte Zeitung".
Gegen vier Beschuldigte werde wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr sowie Steuerhinterziehung ermittelt. Die Oncosachs Pharma GmbH erklärte, die Vorwürfe seien haltlos.
Oncosachs steht laut Agenturinformationen unter Verdacht, Ärzte mittels überhöhter Aufwandsentschädigungen für medizinische Studien bestochen zu haben.
Die Ärzte sollten im Gegenzug ausschließlich ein Krebs-Medikament der Pharma-Firma verschreiben, das nur in Apotheken von Familienmitgliedern vertrieben wird.
Sprecher Klein sagte, ob sich der Verdacht erhärte oder ausgeräumt werden könne, sei noch nicht absehbar. Man stehe erst ganz am Anfang.
Die Auswertung der Daten werde noch mehrere Monate dauern. Auch gegen mehrere Ärzte werde ermittelt, wie viele, konnte Klein allerdings noch nicht sagen.
Oncosachs-Geschäftsführer Mathias Krasselt (31) ließ über die Rechtsabteilung seines Unternehmens erklären, dass er den Untersuchungen gelassen entgegen sehe.
Oncosachs habe als pharmazeutisches Unternehmen die Durchführung von medizinischen Studien im Sinne des Arzneimittelgesetztes beauftragt.
"Für die Umsetzung der Studien haben sich die Oncosachs selbst und der Auftragnehmer freiwillig an den 'Empfehlungen zur Planung, Durchführung und Auswertung von Anwendungsbeobachtungen' des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte orientiert."
Gemäß den Empfehlungen wird der Aufwand für die Dokumentation der Studiendaten gemäß der ärztlichen Gebührenordnung honoriert.
Krasselt vermutet eine Rache-Aktion der Konkurrenz hinter der Anzeige. Konkret gehe es um die tägliche Belieferung mit Chemotherapeutika für Versicherten der AOK in der Hauptstadt.
"Wir konnten seit Anlaufen der Belieferung am 1. Dezember 2010 nachweisen, dass es uns gelingt, mit den Gewinnern der Ausschreibung täglich über 60 Arztpraxen in Berlin zu beliefern. Das scheint Konkurrenten offensichtlich zu verunsichern", so Mathias Krasselt.
Die Oncosachs-Rechtsabteilung prüft den juristischen Gegenschlag. Gegen den Anzeigenerstatter soll möglicherweise mit einer Gegenanzeige vorgegangen werden.
Gegen welche Ärzte sich die Beschuldigungen richten, ist auch bei Kassenärztlicher Vereinigung (KV) und Kammer vollkommen unklar.
So erklärte Knut Köhler, Sprecher der sächsischen Landesärztekammer, gegenüber der "Ärzte Zeitung", dass er noch keine Kenntnisse zu dem Fall habe.
In aller Regel seien berufsrechtliche Konsequenzen sowieso erst nach Abschluss eines Gerichtsverfahrens möglich. Eingebunden sei die Kammer bei den Ermittlungen jedenfalls nicht.
Auch bei der Leipziger Vertretung, der KV Sachsen konnte man sich noch nicht zu den Vorwürfen gegen die Ärzte äußern.