MVZ-Investorendebatte
MVZ-Strukturen auf dem Land?
Sind MVZ-Ketten eine Gefahr für eine flächendeckende Versorgung? Oder könnten sie sogar einen wichtigen Beitrag dazu leisten, besonders auf dem Land? Die Debatte läuft.
Veröffentlicht:HAMBURG/BERLIN. Es brodelt derzeit unter Ärzten und Zahnärzten: Die Übernahme von immer mehr Arzt- und Zahnarztsitzen durch Ketten Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) hat vor Kurzem den Zahnärztetag in Frankfurt umgetrieben und jetzt auch die Bundesärztekammer dazu veranlasst, eine eigene Veranstaltung zum Thema Ökonomisierung und zukünftigen Versorgungsstrukturen zu organisieren (wir berichteten). Die Bundesländer zeigen sich besorgt über die Entwicklung und fordern Änderungen im Terminservice- und Versorgungsgesetz, um zu großen, vorwiegend renditegetriebenen Strukturen in MVZ-Ketten einen Riegel vorzuschieben.
Widerspruch bei MVZ-Betreibern
Doch so langsam wächst bei den Adressaten der Kritik und der Gesetzesinitiativen Widerspruch: Erst zu Wochenbeginn mahnte der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) mehr Sachlichkeit in der Diskussion über MVZ an und führte die Labormedizin als gelungenes Beispiel für den Strukturwandel in der Medizin an: „Für den dauerhaften Erfolg einer Praxis wie auch eines von privaten Investoren finanzierten MVZ-Unternehmens steht die kontinuierliche Qualität der medizinischen Leistung zum Wohl des Patienten an oberster Stelle. Für diesen Erfolg ist die Wahrung der Freiberuflichkeit eine entscheidende Voraussetzung“, betont ALM-Vorstand Dr. Michael Späth in einer Mitteilung des Verbandes.
Auch bei den zahnärztlichen MVZ hat sich eine Gruppe gebildet, die eine Lanze für diese Versorgungsform bricht: „Eine riesige Nachfolgewelle kommt in den kommenden zehn bis 15 Jahren auf uns zu. Aber die junge Generation hat andere Vorstellungen darüber, wie sie ihren Beruf ausüben will, als die Vorgänger“, sagt Dr. Daniel Wichels, Vorsitzender des im September gegründeten Bundesverbands für nachhaltige Zahnheilkunde (bnzk) und Geschäftsführer der Gruppe zahneins, die mit 19 Standorten und über 500 Mitarbeitern zu den größten Anbietern am Markt zählt.
Viele junge Zahnärzte wollten heute nicht selbst ins Risiko gehen, und sie legten Wert auf flexible Arbeitszeiten. Das sei in einem Verbund leichter möglich als in einer kleinen Praxis.
Der Verband sei als Reaktion auf die Kampagne der KZBV gegen die zahnärztlichen MVZ gegründet worden, erläutert Wichels im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“.
Eine der Keimzellen für zahneins ist das MVZ Zahnheimat in Esens/Ostfriesland gewesen. Christopher Gau, Zahnarzt und Gründer, ärgert sich über die Kritik an den MVZ: „Die meisten MVZ sind ursprünglich erfolgreiche Berufsausübungsgemeinschaften, die sich umfirmieren, um mehr Freiheiten bei der Expansion zu haben. Im Versorgungszentrum machen wir jetzt nichts anders als vorher auch“, betont er.
Praxen auf dem Land erhalten
Und mit dem MVZ, das die drei Partner aufgebaut haben, seien in den Nachbarorten mehrere Praxen, die keinen Nachfolger fanden und schon geschlossen waren, übernommen und modernisiert worden. Dort arbeiteten jetzt angestellte Kollegen – und sicherten so die Versorgung auf dem Land. Mit dieser Idee versuche zahneins jetzt, bundesweit Praxen zu übernehmen und Partner zu gewinnen, erläutern Gau und Wichels. „Der Markt braucht auch Geld“, sagt der Geschäftsführer. Die Hygieneanforderungen für Zahnarztpraxen und auch die Geräteinvestitionen stiegen immer weiter. Die Modernisierung einer Zahnarztpraxis koste heute 300.000 Euro, die Neugründung 500.000 Euro.
Dieses Risiko mit der Übernahme von immer mehr Praxen persönlich zu tragen, sei ihm zu hoch, deshalb brauche zahneins auch externe Investoren, betont Gau. Mit dem Modell Esens wolle man einen Beitrag zur zahnärztlichen Versorgung leisten. Der bnzk wendet sich daher entschieden gegen die vom Gesundheitsausschuss des Bundesrates vorgeschlagenen Änderungen am TSVG zur MVZ-Gründung. „Die Forderung der KZBV, die Gründung von ZMVZ durch Krankenhäuser stark einzuschränken, würde die Versorgung im ländlichen Raum verschlechtern“, so der bnzk in einem Papier.
ZMVZ seien für angestellte Zahnärztinnen und Zahnärzte attraktiv, betonen Gau und Wichels. „Wir brauchen aber Angebotsvielfalt“, argumentiert Wichels, die neuen Modelle ergänzten lediglich die vorhandenen Formen. Und: Die KZBV könne doch die festgelegte Höchstzahl von zwei Angestellten Zahnärzten in Vollzeit pro niedergelassenem Arzt verändern und so die Attraktivität von BAG im Wettbewerb erhöhen.
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