Missbildungen?
Petitionsausschuss beschließt einstimmig zu Duogynon®
Einer Petition aus 2017 scheint Erfolg beschieden: Stimmt der Bundestag zu, muss das BMG etwaiges Behördenversagen rund um die Vermarktung des Hormonpräparats Duogynon® klären lassen.
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Teilnehmer einer Demonstration im April 2016 in Köln tragen Plakate mit der Aufschrift „Contergan Teil 2 – Duogynon 1000-faches Leid – Für Bayer verjährt, für uns leider nie“.
© Oliver Berg/dpa
Berlin. Der Petitionsausschuss des Bundestages hat am Mittwoch einstimmig eine Beschlussempfehlung verabschiedet, wonach dem Gesundheitsministerium eine Petition mit der Forderung nach einem Entschädigungsfonds für Duogynon®-Geschädigte zugeleitet werden soll.
Ziel dieser Überweisung sei es, heißt es in einer Mitteilung, „eine unabhängige Untersuchung einzuleiten, die mögliches Fehlverhalten staatlicher Stellen in Deutschland im Zusammenhang mit der Registrierung, Zulassung, Arzneimittelsicherheit und Marktrücknahme des Präparats ,Duogynon‘ unter Berücksichtigung des damals geltenden regulatorischen und medizinhistorischen Rahmens kritisch untersucht.“ Deren Ergebnisse sollten dann einer Entscheidung „über die Einrichtung eines Entschädigungsfonds zugrunde gelegt werden“.
Vertrieb von 1950 bis 1981
Bei Duogynon® handelt es sich um ein Kombipräparat, das in oraler Form das Gestagen Norethisteronacetat und das Östrogen Ethinylestradiol enthielt. Die injektabile Produktvariante enthielt Progesteron und Estradiolbenzoat. Das Präparat wurde in beiden Formen von Schering (heute Bayer) in Deutschland zwischen 1950 und 1981 als Schwangerschaftstest sowie gegen Störungen der Regelblutung vermarktet. Weitere Warenzeichen waren Cumorit® und Primodos® (in Großbritannien).
Immer wieder wurde in der Vergangenheit ein Zusammenhang zwischen der Duogynon®-Einnahme und Fehlbildungen bei Kindern vermutet. In der aus 2017 stammenden Petition heißt es, allein in Deutschland seien „mehr als 500 Säuglinge“ durch das Hormonpräparat geschädigt worden.
„Einige der Kinder kamen mit so schweren Missbildungen zur Welt, dass sie inzwischen verstorben sind. Diejenigen, die das Erwachsenenalter erreichten, sind größtenteils gesundheitlich so geschädigt, dass sie ihr Leben lang auf medizinische Behandlung und Hilfe angewiesen sind.“
Kausalität mit Missbildungen uneindeutig
Wissenschaftlich geklärt ist der geltend gemachte Kausalzusammenhang bis heute jedoch nicht. 2011 hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte (BfArM) eine Auswertung von 411 Verdachtsmeldungen zu Kindern beauftragt, die von 1957 bis 1983 geboren worden waren. Zu 296 Kindern lagen demnach Informationen vor, die als ausreichend für eine Bewertung erachtet wurden. „Eine Kontrollgruppe zur Abschätzung des Gesamtfehlbildungsrisikos im selben Zeitraum stand nicht zur Verfügung“, so damals die Behörde.
Im Ergebnis hieß es, dass die Fallserie „keine plausiblen Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen einer mütterlichen Duogynon-Exposition und Fehlbildungen beim Kind gebe“. Wegen der methodischen Unzulänglichkeiten der Auswertung lasse sich umgekehrt aber auch „nicht die Hypothese einer Unbedenklichkeit von Duogynon stützen“.
Ende 2017 berichtete das BfArM von einer britischen Expertengruppe, die ebenfalls eine Untersuchung aufgesetzt hatte und „keine Anhaltspunkte für einen kausalen Zusammenhang zwischen der Anwendung solcher Produkte und Geburtsfehlern sowie Fehlgeburten“ fand. (cw)