Neuzertifizierung aufgrund von EU-Regeln
SpiFa warnt vor Versorgungsengpässen bei Medizinprodukten
Der drohende Engpass bei Medizinprodukten aufgrund der Regeln zur Neuzertifizierung ruft jetzt auch die Fachärzte auf den Plan. Sie fürchten, dass vor allem Nischenprodukte vom Markt verschwinden – und einen Innovationsstau.
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Noch alles Notwendige da? Die novellierte EU-Medizinprodukteverordnung führt anscheinend zu einer Verknappung am Medizinproduktemarkt.
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Berlin. Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) hat das Bundesministerium für Gesundheit aufgefordert, den drohenden Ressourcenengpass für Medizinprodukte ernst zu nehmen und entsprechende Maßnahmen für eine zügige Neuzertifizierung in den dafür Benannten Stellen einzuleiten.
Grund für die Engpässe ist die neue, von der EU initiierte Medical Device Regulation (MDR), welche eine langwierige und kostenintensive Neuzertifizierung auch für bereits lange am Markt zugelassene Produkte vorschreibt. Auch fachärztliche Berufsverbände hatten auf Anfrage bereits Befürchtungen geäußert, dass wichtige Produkte in Zukunft nicht mehr zur Verfügung stehen könnten, unter anderem Urologen und Kinderkardiologen.
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Hierzu Dr. Dirk Heinrich, SpiFa-Vorstandsvorsitzender: „Durch die neue Regelung könnten etwa 30 Prozent der Bestandsprodukte entfallen, auch besondere Nischenprodukte sind betroffen. Es ist fraglich, ob die von der EU gewährte Übergangsfrist bis 2024 ausreicht, um hier Versorgungssicherheit zu gewährleisten.“ Der SpiFa unterstütze daher Forderungen des Herstellerverbands BVMed nach einem Ausbau der Ressourcen bei den Benannten Stellen und einem sinnvollen Einsatz der vorhandenen Kapazitäten sowie einer Verschiebung der Fristen, falls die anderen Maßnahmen nicht ausreichen sollten.“
Innovationsstau ante portas?
Eine weitere Bedrohung aus Sicht der Fachärzteschaft sei der sich bereits abzeichnende Innovationsstau. „Die Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands benötigen und wollen High-Class-Medizinprodukte nach aktuellem Wissenstand. Da darf es nicht sein, dass der Versorgungsstandort Deutschland aufgrund mangelnder Zertifizierungskapazitäten hinterherhinkt,“ so Heinrich laut Mitteilung des Spitzenverbands.
Auch SpiFa-Hauptgeschäftsführer Robert Schneider mahnt das BMG an, das Thema nicht auf die lange Bank zu schieben: „Gerade weil die Corona-Pandemie und Flüchtende aus der Ukraine zusätzlich belastende Faktoren für unser Gesundheitssystem sind, ist es umso wichtiger, dass die Versorgung in Deutschland gesichert und für besondere Herausforderungen gerüstet ist. Hier ist vorausschauendes Handeln in jeder Hinsicht gefragt und genau das erwarten wir vom Bundesgesundheitsministerium“, äußerte sich Schneider. (ger)