Terrorgefahr
Unfallchirurgen rüsten sich für den Ernstfall
Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie treibt ihre Mitgliedskliniken dazu an, die Notfallpläne für einen Terroranschlag in Deutschland zu überprüfen. Von der Politik fordern die Unfallchirurgen stärkere finanzielle Unterstützung.
Veröffentlicht:BERLIN. Spätestens nach der Zusage der Bundesregierung, Frankreich im Kampf gegen den islamistischen Terror zu unterstützen herrscht auch in Deutschland eine erhöhte Terrorgefahr.
Wäre zum Beispiel Mitte November das Fußballländerspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden in Hannover nicht abgesagt worden und wäre es zu einem Terroranschlag gekommen, so hätten mit Sicherheit Hunderte, wenn nicht gar Tausende Opfer medizinisch versorgt werden müssen.
Eine zentrale Rolle spielen in solchen Fällen die Krankenhäuser. Doch: Sind diese für solch eine Herausforderung gewappnet?
Klinik-Notfallnetz etabliert
Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) hat ihre Mitgliedskliniken nun aufgefordert, Krankenhaus-Alarm- und Einsatzpläne zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren, Übungen für einen Massenanfall von Verletzten durchzuführen und ausreichend OP-Material vorzuhalten.
"Die Unfallversorgung ist hierzulande auf Massenanfälle von Verletzten bei Pkw-Serienunfällen, Zug- oder Busunglücken sowie Massenpaniken gut vorbereitet. Leider zählen derzeit auch terroristische Anschläge zu den zu erwartenden Großschadensereignissen, so dass wir die Kliniken zu einer erhöhten Alarmbereitschaft aufgerufen haben", sagt DGU-Generalsekretär Professor Reinhard Hoffmann.
Die erhöhte Terrorgefahr stelle eine besondere Herausforderung für die Unfallchirurgie dar, da es sich sehr schnell um eine erhebliche Anzahl verletzter und schwerverletzter Patienten handeln könne, heißt es mit Verweis auf die jüngsten Anschläge in Paris.
Die Unfallchirurgen arbeiteten stets an der Optimierung der Schwerverletztenversorgung auch bei einem Massenanfall von Verletzten (MANV). So habe die Initiative TraumaNetzwerk DGU® dazu beitragen, die Schwerverletztenversorgung in solchen Situationen in den vergangenen zehn Jahren deutlich zu verbessern.
Deutschland verfüge über ein Notfallnetz mit über 600 unfallchirurgischen Kliniken und Abteilungen, die sich in 51 zertifizierten regionalen TraumaNetzwerken (TNW) zusammenschließen.
Das TNW Brandenburg Nord-West mit sechs angegliederten Kliniken machte das Notfallnetz vor Kurzem komplett.
"Die Zusammenarbeit der Traumazentren in den regionalen Traumanetzwerken, eng abgestimmt mit den Rettungsdiensten, hat sich bereits in der Vergangenheit wiederholt bewährt", so Hoffmann, der als Ärztlicher Direktor an der BG Unfallklinik Frankfurt am Main tätig ist.
Insbesondere bei Massenunfällen auf Autobahnen und Großveranstaltungen sowie Bahnunglücken könnten viele Patienten schnell und effizient versorgt werden, wie er ergänzt.
Im Fall eines MANV gibt es in einem TraumaNetzwerk laut DGU klar definierte Ablaufpläne. Dabei gelten so lange wie möglich die Qualitätsansprüche der individualmedizinischen Versorgung von Schwerverletzten.
"Sind die lokalen Ressourcen überlastet, kann über die Struktur des Traumanetzwerkes eine überregionale Versorgung in geordneten Bahnen angeboten werden", erläutert Hoffmann.
Rückgriff auf Krankenhausregister
Zudem habe die DGU in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Ärztlichen Leiter Rettungsdienst Deutschland ein nationales Krankenhausregister ausgearbeitet. Zukünftig gebe es damit eine bundesweite Übersicht über die Versorgungskapazitäten für Traumapatienten.
Darüber hinaus verfüge jede Klinik über den gesetzlich vorgeschriebenen Krankenhaus-Alarm- und Einsatzplan. Darin sei die Betriebsumstellung vom Regelbetrieb auf einen "Notfallbetrieb" beschrieben.
Er umfasse Lage- und Ablaufpläne, Wege der Mitarbeiteralarmierung sowie ein situationsadäquates Ressourcenmanagement.
Dabei appelliert der DGU-Generalsekretär auch an die Politik: Obwohl die Kliniken im Schadensfall die Hauptlast der Versorgung tragen müssten, sei die öffentliche finanzielle Unterstützung für diese Vorratshaltung an Material und Personal unzureichend - die Notfallaufnahmen der Kliniken seien unterfinanziert.
Auch die verschiedenen Übungsszenarien für einen Massenanfall von Verletzten verursachten Kosten, die von den Krankenhäusern selbst getragen werden müssten.
"Wir halten rund um die Uhr 365 Tage im Jahr eine hohe technische Ausstattung mit trainiertem Personal vor, um Schwerverletzte bestmöglich zu behandeln. Hier erhoffen wir uns zukünftig eine stärkere politische und wirtschaftliche Unterstützung, wenn es um die Abbildung unserer Vorhaltekosten geht", verdeutlicht Hoffmann.
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